Die SPD

Aus porzerleben.de/porz-wiki

Vorbemerkungen[Bearbeiten]

Die Quellenlage für die regionalgeschichtliche Erforschung früher kommunistischer, sozialistischer oder sozialdemokratischen Organisationen ist gleichermaßen sehr schwierig. Jenseits von polizeigesetzlichen Verboten im 19. Jahrhundert gab es gesellschaftliche Ächtungen durch bürgerliche und nationale Parteien und ihre Zeitungen. Bereits Versammlungsorte zu finden, war schwierig, viele Wirtshaussäle blieben verschlossen. Dies besserte sich in der Weimarer Republik. Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung wurde die Aufbewahrung jedes Versammlungsprotokolls und jeder Mitgliederliste für die hier benannten Mitglieder lebensgefährlich. Nahezu all diese Unterlagen wurden daher 1933 vernichtet, damit sie nicht in die Hände der SS oder Gestapo fielen und Personen gefährdeten. Die SS suchte bei den führenden Genossen systematisch nach solchen Schriftstücken.

Über regionale Aktivitäten der SPD berichtete die bürgerliche Presse bis 1918 nur selten und dann oft entstellend und höchst selten mit Nennung von Personennamen. Daher sind diese Quellen dünn. Einige Titel der bürgerlichen Regionalpresse von Köln vor 1933 sind heute bereits digitalisiert und online zugänglich. Aber sublokale Titel wie das Porz-Urbacher Volksblatt sind leider ebensowenig digitalisiert wie die Rheinische Zeitung (1892-1933) der SPD in Köln aus der Weimarer Zeit.

Gründungsphase und Parteigliederungen[Bearbeiten]

Der vorsichtige Aufbau regionaler Strukturen der SPD im rechtsrheinischen Köln konnte erst nach dem Ende der Bismarck'schen Sozialistengesetze 1890 beginnen. Im Kreis Mülheim entstanden ab Ende 1891 sieben Agitationsbezirke, darunter der Bezirk VII mit Brück, Merheim, Ostheim, Westhoven, Urbach, Wahn, Rösrath, Rath und Heumar[1]. Es fehlten in den Dörfern aber noch die Arbeiter als Zielgruppe. Dies sollte sich ab der Jahrhundertwende rasch ändern, um 1910 waren knapp die Hälfte der Beschäftigten in der Gemeinde Heumar Industriearbeiter.

Noch behinderten zudem gesetzliche Verbote hierarchische Gliederungen. Daher installierten die Genossen sogenannte Vertrauensleute als Kontaktpersonen zwischen den örtlichen Gliederungen und der Parteiführung des Landkreises. Im Januar 1891 trafen sich "in einem Privathause" zur Wahl eines Vertrauensmanns für Mülheim und die umliegenden Orte verschiedene Genossen, darunter auch aus Westhoven. Sie wählten einstimmig den Mülheimer Peter Bilstein als einen "der ältesten und bewährtesten Genossen"[2]. Bereits ab 1891 war speziell für den Landkreis Mülheim der Genosse Keufenheuser der Vertrauensmann. Als der SPD-Kandidat Heinrich Gilsbach 1903 in Heumar anläßlich seiner Reichstagskandidatur sprechen wollte, wurden ihm die Rather Säle versagt, er wich in eine Kiesgrube aus. Diese Versammlung wurde von katholischen Frauen aus Rath-Heumar, die mit Eimern und Blechgerümpel lärmten, gestört[3]. 1906 hatte auch der Ort Porz einen oder zwei Vertrauensmänner.

Der Kampf der Kirche - Kölner Arbeiterzeitung v. 18.10.1890
Mitgliedsausweis Franz Kreitz
  • Westhoven war vermutlich das erste Dorf im Porzer Gebiet mit sozialdemokratischen Aktivitäten. In den Gemeinden Heumar und Wahn wurden zwischen 1890 und 1895 nur in Westhoven sozialdemokratische Versammlungen angemeldet [4]. Bereits ab 1890 gab in Westhoven entsprechende Veranstaltungen: Anfang Februar 1890 eine Öffentliche Wähler-Versammlung, im November eine Öffentliche Volks-Versammlung, beide im Saal von Jakob Pütz. In den ersten Monaten des Jahres 1891 inserierte Peter Herbertz die Entgegennahme von Abonnements auf die Kölner Arbeiterzeitung. In seinem Haus fanden in der Folge auch sozialdemokratische Zusammenkünfte statt.
  • Für Ensen vermerkte der katholische Pfarrer Theodor Korfmacher im Jahr 1908 in der Kirchenchronik, mehr als 150 seiner Pfarrkinder seien Sozialisten[5]. Im November 1909 wird von einer "Versammlung der Sozialdemokraten" berichtet, "in welcher man für Ensen nicht nur bessere Schulen, sondern auch religionslose Schulen verlangt habe". Als ein Redner wird ein "Herr Mittelstätter" benannt. Die Versammlung fand "im Saale des Wirtes Flügel" statt.[6]
Als offizielles Gründungsdatum des SPD-Distrikts in Ensen-Westhoven gilt der 30. April 1910[7].
  • Porz. Am 23. Mai 1905 gab es eine sozialdemokratische Versammlung im Saal der Witwe Schmitz zum ThemaVerhältniswahlsystem bei der Gewerbegerichtswahl". Ende Oktober 1905 meldet das Porz-Urbacher Volksblatt "Beschwerden in Porz über das Verteilen sozialdemokratischer Kalender in Arbeiterhaushalten"[8]. Als früher führender Kopf ist der Dreher Anton Burken (1872-1939) bekannt, weil er von der bürgerlichen Presse 1909 als "Führer" der Sozialisten in Porz bezeichnet wurde. Er wurde in Floisdorf bei Mechernich als Sohn eines Bergmanns geboren, arbeitete im Gasmotorenwerk Deutz und wohnte seit 1904/1905 in Ensen[9]. Bereits 1907 kandidierte Burken in der 2. Klasse zu den Gemeinderatswahlen Heumar, erhielt jedoch nur vier Stimmen[10]. Später wohnte er in der Wilhelmstraße 5 in Porz.

Durch das Reichsvereinsgesetz vom April 1908 mussten politische Vereine nicht mehr genehmigt, sondern nur noch angemeldet werden. Das Verbindungsverbot zu einer übergeordneten Gliederung wurde aufgehoben, auch Frauen konnten nun Mitglied werden.

  • Franz Joistgen, Walzwerkarbeiter aus Urbach, war eine frühe herausragende Persönlichkeit der Porzer SPD. Er starb 1928 durch einen Berufsunfall: Nach längerer Arbeitslosigkeit erhielt er eine Stelle auf dem bisherigen Schießplatz Wahn, hier sollten wohl Militärgebäude in Wohngebäude umgebaut werden. Beim Abbruch einer Stützmauer stürzte diese auf F. Joistgen. Bei seiner Beerdigung folgte nicht nur "ein gewaltiger Leichenzug, wie ihn unser Ort wohl kaum gesehen" (Porz-Urbacher Volksblatt) seinem Sarg, darunter nahezu alle lokalen Funktionsträger. Auch hielt der Mülheimer Landrat Eberhard "als Freund" die Trauerrede und diese wurde sogar in der zentrumsnahen Bensberger Volkszeitung nachgedruckt[11].

Politische Arbeit[Bearbeiten]

Aktionen und Versammlungen[Bearbeiten]

Alte Ensener Genossen erinnerten sich im Mai 1984, dass es im Porzer Raum zunächst nur eine SPD-Gliederung für Porz mit Ensen, Westhoven, Gremberghoven und Wahn gegeben habe. Die SPD-Vorsitzenden seien zwischen 1918 und 1933 gewesen: Josef Jenn aus Ensen (1918-192?), Adolf Marx (+1926), Peter Meyer (-1931) und ab Frühjahr 1931 Franz Kreitz (1891-1968).[12] Hingegen bezeichnete sich Johann Berger in seinen Erinnerungen als ersten gewählten Vorsitzenden der Ortsgruppe Porz nach dem Weltkrieg. Aber auch Anton Burken wird für 1918 als "örtlicher Vorsitzender" der SPD genannt[13].

SPD-nahe Organisationen[Bearbeiten]

Infolge der Gesetzgebung, der Beaufsichtigung durch die Polizei und der Diskriminierung durch staatliche Stellen entstanden vor der Gründung von örtlichen SPD-Gliederungen Organisationen, die Arbeiter organisierten, Bildung vermittelten und als soziale Netze wirkten. Hierzu gehörten in der Region Porz insbesondere Sparvereine, Kranken- und Sterbekassen, Volksbildungsvereine, zudem Sportvereine und Gesangsvereine.

Kölner Arbeiterzeitung v. 13.1.1889
  • Die Metallarbeiter-Kranken- und Sterbekasse unterhielt eine Filiale Ensen-Westhoven. Bereits diese Mitgliedschaft wurde von der Obrigkeit angefeindet. So wird über den Bürgermeister von Heumar, Martin Jacobs, berichtet: "Ließ er doch sogar Frauen von Mitgliedern obiger Kasse zu sich rufen, und forderte sie auf, dafür zu sorgen, daß ihre Männer aus dieser Kasse austreten sollten"[14]. Zudem ist von ihm ein Arbeiter-Attest überliefert (siehe rechts). Die Kasse war Anfang des 20. Jahrhunderts mit dem örtlichen Sparverein verzahnt. Den Vorstand bildeten um 1907 Josef Jenn aus Ensen und der Fabrikarbeiter Josef Brüll (1874-1944).
  • In Porz bestand ein Volksbildungsverein, er hatte seinen Sitz in der Hauptstraße 171 (heute Höhe Hauptstraße 469) in Porz. Überliefert ist 1909 eine Versammlung des Sozialdemokratische Vereins für den Wahlkreis Mülheim, Wipperfürth und Gummersbach am "Samstag den 27. Februar, abends 8½ Uhr für die "Bezirke Porz am Rhein und Wahn"[15]. Der Verein führte auch Ausflüge in die Umgebung durch[16]. Die fünf Vorstandsmitglieder des Vereins hießen im Jahr 1910 Anton Burken, Martin Rahler, Max Betz, Johann Meyer und Jakob Hecker. Sie wurden 1910 vom Schöffengericht Mülheim zu Gestrafen von 20 bis 60 Mark verurteilt, weil der Verein ohne Konzession "seit Jahren" intern für seine Mitglieder eine Schankwirtschaft betrieb[17]. 1915 wird das Gebäude vom Eigentümer für andere Zwecke neu gebaut. Der Verein suchte sich neue Räumlichkeiten, in denen 1919 die erste Nachkriegversammlung der SPD in Porz stattfand[18]. Vermutlich in seine Nachfolge trat in den 1920er Jahren die Sozialistische Bildungs-Gemeinschaft (SBG), sie organisierte z.B. Volksbildungsabende.
  • Auch der Konsumverein Hoffung war SPD-nah. Genossen des Vereins bekamen anfänglich 7 Prozent, später 3 Prozent des Einkaufswertes zurückerstattet.
  • Am 20. September 1920 wurde der Arbeiter-Turnverein Ensen-Westhoven gegründet und bestand bis zu seiner Auflösung im April 1933.

Politische Gremienarbeit[Bearbeiten]

Die Wahlen im Kaiserreich und in Preußen waren zwar "im Prinzip" geheim, da die Stimmzettel keine Wählernamen trugen. Aber erst 1923 übernahm der Staat den Druck der Stimmzettel. Vorher druckten in Preußen nicht nur Parteien ihre Stimmzettel selber, sie hatten auch dafür zu sorgen, dass diese Zettel rechtzeitig zu ihren Wählern kamen. Das Wahlrecht hatten dabei nur Männer ab 25 Jahren. Eine Auslage von Stimmzetteln im Wahllokal war untersagt. Durch die unterschiedlichen Gestaltungen der umschlaglosen Stimmzettel (Größe, Farbe) sahen die Wahlvorstände daher sehr wohl, wer welcher Partei seine Stimme gab.[19]. Daher wurden "rote" Wähler in ihrem Wohnort identifizierbar, selbst wenn sie keinerlei Parteiämter inne hatten.
Eine weitere Diskriminierung einkomensschwacher Schichten bestand bis 1919 darin, dass die Gemeindeordnung für die Rheinprovinz als Gemeindemitglieder und somit als Voraussetzung für eine politische Kandidatur nur selbständige Einwohner oder aber Hausbesitzer in der Gemeinde ansah.

Gemeinderäte[Bearbeiten]

Im Gemeinderat Heumar erhielt die SPD

  • 1907 am 7. September in der II. Klasse kein Mandat. Anton Burken aus Ensen kam nur auf 4 Stimmen.
  • 1909 am 15. Dezember in der II. Klasse drei Mandate für Anton Burken aus Porz (90 Stimmen), Wilhelm Siebenmorgen aus Urbach (90 Stimmen) und Peter Merten aus Ensen (85 Stimmen)[20].

Am 8.11.1918 wurde im Zuge der Novemberrevolution für die Gemeinde Heumar ein provisorischer Arbeiter- und Soldatenrat gebildet. Er rief die Bevölkerung zu einer Volksversammlung am 10.11. im Dilgenschen Saal auf. Diese Versammlung wurde von Anton Burken geleitet. Die Versammlung wählte sieben Personen in den "endgültigen" Arbeiterrat, darunter vier Sozialdemokraten: aus Porz den Sandformer Max Betz sowie Ludwig Brück und Paul Ender, aus Ensen zudem Josef Jenn[21].

  • 1919 am 16. November 1314 Stimmen und 9 Mandate für Johann Berger aus Porz, Anton Burken und sieben weitere Genossen.
  • 1924 am 4. Mai 946 Stimmen und fünf Mandate für Johann Berger aus Porz, Mathias Brendt aus Gremberghoven, Anton Burken, Josef Jenn aus Ensen, Franz Joistgen aus Urbach (+1928) / Franz Decker aus Urbach. Franz Decker war in Porz in den 1920er Jahren auch Mitglied der örtlichen Parteileitung.

Im Gemeinderat Wahn erhielt die SPD

  • 1919 am 16. November 585 Stimmen und 5 Mandate für Paul Brätter aus Wahnheide, Oskar Heinze aus Wahn, Heinrich Klein, Friedrich Plückthun und Karl Schindler.
  • 1924 am 4. Mai 287 Stimmen und zwei Mandate für Paul Brätter und Andreas Börsch.

Im Gemeinderat Porz erhielt die SPD

  • 1929 am 23. Juni 1425 Stimmen und 6 Mandate für den Gewerkschaftssekretär Johann Berger aus Porz, den Former Paul Brätter aus Wahn, den Schmied Franz Decker aus Urbach, den Schmied Josef Jenn aus Ensen, den Maurer Heinrich Klein aus Langel und den Schlosser Matthias Müller aus Heumar[22].
  • 1933 am 12. März 1484 Stimmen und 4 Mandate für Johann Berger, Franz Decker, Paul Brätter und Franz Kreitz aus Ensen. Die Gewählten konnten ihre Mandate durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten in Porz jedoch nicht mehr antreten.
Bensberger Volkszeitung v. 15.5.1928

Kreistag Mülheim[Bearbeiten]

Auch im Kreistag von Mülheim waren Sozialdemokraten aus dem Porzer Raum vertreten.

  • Unter den fünf gewähhlten SPD-Mandatsträgern des Jahres 1921 waren der Kaufmann Albert Hosp aus Ensen und der Schlosser Oskar Heinze aus Wahn[23]. Hosp war im Vorstand der Ensen-Westhovener Spar- und Darlehnskassenverein GmbH.
  • Zur Wahl am 29. November 1925 wurden nominiert der Walzwerkarbeiter Franz Joistgen, Oskar Heinze, Franz Decker, der Mittelschullehrer Franz Niedlich aus Porz, der Maurer Heinrich Klein aus Langel und der Vermessungssekretär Jakob Offermann aus Gremberghoven[24]. Gewählt wurden insgesamt vier SPD-Abgeordnete, darunter Franz Joistgen und Oskar Heinze.
  • 1929 kandidierten für die SPD Franz Decker, Oskar Heinze, Franz Niedlich, Jakob Offermann, der Diplom-Kommunalbeamte Rudolf Neu aus Porz, der Gemeindearbeiter Wilhelm Bien aus Porz und Paul Brätter[25]. U.a. wurde Franz Decker gewählt.

Zum 1. Oktober 1932 wurde der Landkreis Mülheim aufgelöst und mit dem ebenfalls aufgehobenen Kreis Wipperfürth zum Rheinisch-Bergischen-Kreis vereinigt. Ihn verwaltete zunächst ein Provisorischer Kreisausschuss, dem Franz Decker angehörte.

  • Zur Kreistagswahl am 12.3.1933 kandidierten aus den Porzer Orten Franz Decker, Franz Kreitz, der Modellschreiner Otto Däumel aus Porz, der Invalide Oskar Heinze aus Wahn und der Vertreter Adam Linden aus Eil.[26] Eines der drei SPD-Mandate erhielt Franz Decker. Bereits Anfang Mai 1933 trat er aufgrund der Dominanz und des Auftretens der NSDAP-Mitglieder von seinem Amt zurück.[27]

Verfolgung in der NS-Zeit[Bearbeiten]

Am 22. Juni 1933 wurde die SPD von den Nationalsozialisten verboten. Bereits vorher setzten die Repressionen ein. Bereits im April 1933 kam Johann Berger erstmals für mehrere Wochen im Klingelpütz in "Schutzhaft". Sein Sohn Heinrich Berger wurde von einem SA-Kommando in der Nacht auf den 15. Juli in ein illegales "Schutzhaftlager" verschleppt und dort über mehrer Tage mißhandelt.

  • Johann Berger (1879-1957) war seit 1914 in Porz ansässig. Geboren in Magdeburg, zog er 1897 zunächst nach Mülheim. In Porz arbeitete er in der Firma Meirowsky & Cie. und war hier auch als Vorsitzender des Arbeiterausschusses tätig. Nach dem Kriegsdienst wählten ihn die Genossen 1919 zum Vorsitzenden der SPD-Ortsgruppe Porz. Im selben Jahr erzielte er ein Gemeinderatsmandat. 1921 wählte ihn der Gemeinderat Heumar zum Beigeordneten, er blieb dies auch im Gemeinderat Porz bis 1930. 1933 lautet sein Eintrag im Adressbuch Parteisekretär. Berger war nicht nur einfaches Mitglied im Fabrikarbeiterverband Köln (FAV), 1922 ernannte ihn diese sozialdemokratisch orientierte Gewerkschaft zum Agitationsleiter. Der FAV wurde im Mai 1933 aufgelöst. Ab 1935 arbeitete Johann Berger bei Citroen in Poll, danach bei Massey-Harris in Westhoven. 1944 entging er der Überführung in ein Konzentrationslager (s. unten). Ab Herbst 1945 leitete Johann Berger für zwei Jahre das Porzer Wohnungsamt. Ab 1947 übernahm er Tätigkeiten in der neu konstituierten Industriegewerkschaft Chemie, Papier, Keramik.
"Ich verlor angeblich wegen wegen staatsfeindlicher Betätigung meine Lebensstelle, meine Pensionsberechtigung (...) wurde nach dem wiederholt in Haft gesetzt (...) Nach der Machtergreifung (..) war ich arbeitslos, gehetzt, verfehmt und ohne jede Rechte habe ich zwei Jahre mit meiner Frau gehungert."[28]

Die drei früheren Gemeinderatsabgeordneten Paul Brätter, Franz Decker und Heinrich Klein wurden am 24. August 1944 im Rahmen der sogenannten Aktion Gewitter durch die Kölner Gestapo unter Kommissar Kurt Bethke verhaftet und in das Sammellager Messe Deutz gebracht. Ihr letzter bekannter Aufenthaltsort war im Frühjahr 1945 das Konzentrationslager Sachsenhausen. Sie starben vermutlich auf den Todesmärschen bei der Räumung des KZ im April 1945. Ihre Namen finden sich auf dem Gedenkstein am Porzer Rathaus. Zudem wurden nach ihnen Straßen im Stadtbezirk benannt. Auch Franz Kreitz und Johann Berger sollten verhaftet werden. Frank Kreitz wurde in seiner Wohnung nicht angetroffen, da er als Soldat eingezogen worden war. Johann Berger erhielt am Tag der geplanten Verhaftung die Nachricht vom Tod seines Sohnes Heinrich als Soldat an der Front. Daraufhin wurde der bereits Festgenommene wieder freigelassen[29].

  • Paul Wilhelm Brätter (1878-1945) erhielt eine Ausbildung als Former und lebte zuvor in Deutz und Kalk. Vor 1919 zog er mit seiner Frau Gertrud, geborene Heinen (9.1.1881 Wahn - 20.6.1945), Tochter Christina Katharina und Sohn Ernst Paul (1903-1975 Wahn)[30] nach Wahnheide, die Familie lebte von ca. 1927 bis 1931 unter der Adresse Mauspfad 4. Ab 1932 lautete die neue Anschrift Hasbacher Weg 2[31]. Als die Nationalsozialisten 1936 den Truppenübungsplatz wieder aktivierten und erweiterten, wurden die Eheleute enteignet[32]. Im August 1944 wurde Paul Brätter verhaftet, danach verliert sich seine Spur. Schließlich: Im Jahr 1950 wurde das Haus der Familie zwangsversteigert[33][34].
  • Franz Decker (1885-1945) war mit Christine Kuttenkeuler verheiratet, das Paar hatte drei Kinder. Decker stammte ebenfalls aus Langel und wurde 1899 in Wahn Lehrling eines Schmieds. Bereits sein Vater war als Schmied tätig. Als Angestellter von Dynamit Nobel in Troisdorf war Franz Decker Mitglied des Betriebsrats und Vertrauensmann. Wann er in die SPD eintrat, ist nicht bekannt. Um 1924 wurde er Mitglied im Deutschen Metallarbeiterverband. Auch engagierte er sich in der Arbeiterwohlfahrt. Ab 1929 wohnte er in der Waldstraße in Urbach. Anfangs der 1930er Jahre wurde Decker Gemeindearbeiter der Gemeinde Porz, der nationalsozialistischen Machtergreifung 1933 in Porz folgte seine Entlassung in die Arbeitslosigkeit. Im selben Jahr durchsuchte die Polizei seine Wohnung und beschlagnahmte ein Großteil seiner Bücher. Erst 1936 fand er eine Anstellung in der Produktion der Firma Dielektra. 1944 wurde Franz Decker in seiner Wohnung verhaftet. Am 10.9.1944 erhielt er im KZ Sachsenhausen die Nummer 102262. Ein Brief an die Familie berichtet von Arbeit im Klinkerwerk und einem erneut auftretenden Magenleiden. Das letzte Lebenszeichen stammte vom Frühjahr 1945.
  • Heinrich Klein (1885-1945) war mit Elisabeth geb. Klein verheiratet, sie hatten einen Sohn. Als drittes von acht Kindern in Langel geboren, wurde er wie sein Vater Maurer. 1927 bis 1931 wird er im Adressverzeichnis als "Bauunternehmer" in Langel geführt[35]. 1930 errichtet Klein das Strandbad Langel neu, ab 1933 wird er hier als Wirt geführt. In den Folgejahren erweitert er das Gebäude und errichtete 1938 eine Kegelbahn. Ob er den Betrieb über den Sommer 1940 aufrecht erhielt, ist fraglich. Im August 1944 wird auch Klein verhaftet. Sein letztes Schreiben aus dem Konzentrationslager Sachsenhausen stammt vom Januar 1945.

Nachkriegsgeschichte[Bearbeiten]

Fraktionsvorsitzender der SPD im Gemeinderat 1946 war Peter Esser. Mitglied im Gemeinderat war Adam Linden.

  • Ensen-Westhoven: Im Frühjar 1931 wurde Franz Kreitz zum Vorsitzenden bestimmt. Er übte diese Funktion bis in das Jahr 1961 aus. Die offizielle Nachkriegsgeschichte des Ortsvereins beginnt Mitte November 1945 im halbzerfallenen Lokal Menrath, nachdem in der britischen Zone Mitte September die (Wieder-)Gründung politischer Parteien offiziell erlaubt worden war.

(Vertiefung erwünscht)

Quellen, Literatur und Links[Bearbeiten]

  • Festschrift zum Fünfzigjährigen Bestehen. SPD Distrikt Ensen-Westhoven Gremberghoven. Porz 1960.
  • Porzky, Eugenie und Jürgen Huck: Politische Strömungen im Raume Porz 1918-1933. In: Rechtsrheinisches Köln, Bd. 1, 1975.
  • Berger, Johann: Erinnerungen. In: Rechtsrheinisches Köln, Bd. 3, 1977.
  • Frielingsdorf, Volker: Die Machtergreifung durch die Nationalsozialisten in Porz im Jahre 1933. In: Rechtsrheinisches Köln 7.1981.
  • 75 Jahre SPD Ensen-Westhoven. Mitteilungen des SPD-Ortsvereins Ensen/Westhoven 20.1985
  • Kringel, Markus H.: Franz Decker / Heinrich Klein. In: Mielke, Siegfried (Hrsg.): Gewerkschafter in den Konzentrationslagern Oranienburg und Sachsenhausen. Biographisches Handbuch, Bd. 1. Berlin 2002, S. 140 u. 210
  • Berschel, Liselotte: Die Anfänge der SPD in Rath-Heumar. Rath-Heumar o.J. (um 2008) (Link)

Ein Foto von einem undatierten Ausflug des Volksbildungsvereins findet sich bei Huck, Jürgen: Porz in alten Ansichten. Zaltbommel/Niederlande: Europäische Bibliothek 1977. Bild 9.

  1. vgl. Kölner Arbeiterzeitung v. 11.4.1891
  2. Kölner Arbeiter-Zeitung v. 24.1.1891
  3. Erinnerungen Adam Krein in: Rechtsrheinisches Köln, Band 3, 1977, S. 167f.
  4. Vgl. Berschel, Liselotte: Die Anfänge der SPD in Rath-Heumar. Rath-Heumar o.J. (um 2008) (Link)
  5. vgl. 100 Jahre st. Laurentius, 1996, S.21
  6. Rheinischer Merkur v. 11.12.1909
  7. Warum gerade dieses Datum, wird leider aus den vorliegenden Jubiläumsschriften des Ortsvereins - 50 Jahre, 75 Jahre - nicht ersichtlich.
  8. vgl. Porz-Urbacher Volksblatt v. 24.5.1905 und v. 31.10.1905
  9. Burken heiratete 1899 Katharina Dackweiler aus Bergheim, das Ehepaar hatte vier Kinder: Fridrich "Fritz" (*1900 Deutz), Mathias (*1901, Deutz), Margarete (*1903, Deutz) und Anton (*1905, Ensen).
  10. Vgl. Rheinischer Merkur v. 26.6.1905, Sieg-Bote v. 7.9.1907 und Kölner Lokal-Anzeiger v. 16.12.1909
  11. Vgl. Bensberger Volkszeitung v. 26.5.1928.
  12. Niederschrift Henning von Borstell vom Januar 1984. In zeitgenössischen Quellen finden sich die Namen Adolf Marx und Peter Meyer bisher nicht.
  13. vgl. Porzky/Huck: Politische Strömungen... S. 43.
  14. Kölner Arbeiterzeitung v. 30.6.1889
  15. zit. n. Bergischer Türmer v. 6.3.1909
  16. Ein undatiertes Foto zeigt Huck: Porz in alten Ansichten, 1977, Bild 9.
  17. Bergisch Gladbacher Volkszeitung v. 28.9.1910
  18. Der Standort des neuen Quartiers ist bisher nicht bekannt
  19. Vgl. diesen Wahlrechtsbeitrag auf Wikipedia (Link)
  20. vgl. Sieg-Bote v. 18.12.1909
  21. Jakob Wehrheit berichtet von sechs Sozialdemokraten und ihm als Zentrumsmitglied, Porzky/Huck nennen zu den vier Sozialdemokraten die Zentrumsmitglieder Carl Breuer (Rektor in Porz), Johann Barz (Lehrer in Urbach) und Christian Höck (Schlosser in Eil).
  22. vgl. Bergisch Gladbacher Volkszeitung v. 24.6.1929
  23. vgl. Bensberger Volkszeitung v. 24.2.1921
  24. Vgl. Bergisch-Gladbacher Volkszeitung v. 17.11.1925
  25. vgl. Bensberger Volkszeitung v. 5.11.1929.
  26. vgl. Bergische Wacht v. 3.3.1933
  27. vgl. Rheinisch-Bergische Zeitung v. 8.5.1933
  28. HAStK E 510-01 Berger/1, zit. nach Frielingsdorf (s. Literatur).
  29. vgl. Berger, Johann: Erinnerungen. In: Rechtsrheinisches Köln, Bd. 3.
  30. vgl. Rheinischer Merkur vom 26.11.1901 (Heiratsankündigungen), 5.5.1902 und 5.8.1903 (Geburten)
  31. Einen Hasbacher Weg gibt es heute nicht mehr in Wahnheide.
  32. Vgl. HAStK, Best. 9160 (Liegenschaftsamt), A 60, es gibt aber auch eine Akte aus den Jahren 1937-39 "Anbau, Einfriedung, Neubau durch Paul Brätter am Mauspfad, Flur 5 Nr. 4. (Best. 9030B (Bauordnungsamt - Hausakten - Porz), A 3624)
  33. vgl. HAStK Best. 9003 (Sekretariat des Gemeinde- bzw. Stadtdirektors), A 547
  34. Sohn Paul eröffnete vor 1939 unter der Adresse Adolf-Hitler-Straße 140 eine Autospedition, die bis nach 1951 als Spedition an der Adresse Heidestraße 140 bestand.
  35. Laut Kringel war Klein hingegen Ende der 1920er Jahre für die Gemeinde Porz als Arbeiter tätig und im "Verband der Gemeinde- und Staatsarbeiter" organisiert.