Konsumgenossenschaften in Porz
Vorgeschichte[Bearbeiten]
Jahrhundertelang waren die Einwohner der Porzer Dörfer wie überall sonst auch zumeist Selbstversorger. Zu jeder Wohnung - reine Mietshäuser gab es in Porz erst ab dem Beginn des 20. Jahrhunderts - gehörte ein Grundstück mit Nutzgarten sowie Hühner- und evtl. Kaninchenstall. Dies änderte sich auch im Porzer Raum mit der Industrialisierung. Die hatte in vielen Regionen Europas schon deutlich früher eingesetzt und zuerst in Großbritannien ab der Mitte des 19. Jahrhunderts zur Gründung von Konsumgenossenschaften geführt. Die Idee dahinter: Arbeiter und Handwerker organisieren sich in Genossenschaften, deren Ziel es ist, unverfälschte Nahrungsmittel und haltbare Bedarfsartikel bereitszustellen und zu günstigen Preisen zu verkaufen. In Deutschland wurde die Idee bald darauf aufgegriffen und zur Jahrhundertwende gab es auch bereits Dachorganisationen: 1894 war zudem in Hamburg das Gründungsjahr der Großeinkaufs-Gesellschaft Deutscher Consumvereine (GEG) als Alternative zum Warenbezug über herkömmliche Großhändler. Das Prinzip der Genossenschaftsläden: In ihnen durften nur Mitglieder der jeweiligen Genossenschaft einkaufen. Die Waren mussten unmittelbar bar bezahlt werden. Die Mitglieder erhielten je nach Umsatz am Ende des Geschäftsjahres eine deutliche Rückvergütung als Beteiligung am Überschuss der Genossenschaft. 1903 entstand als Dachverband der eher gewerkschaftlich und sozialdemokratisch ausgerichteten Einrichtungen in Dresden der Zentralverband Deutscher Konsumvereine (ZDK).
Das katholische Lager wollte die Genossenschaftsbewegung nicht den Sozialdemokraten überlassen. Daher entstanden durch Kolping-nahe Kräfte und katholische, aber auch evangelische Gewerkschaftler Konkurrenzunternehmen. Sie gründeten 1912 in Köln für den gemeinsamen Einkauf die Großeinkaufszentrale deutscher Konsumvereine GmbH (GEZ, später GEPAG). Danach bestanden in vielen Regionen sowohl Konsumvereine der "Kölner Richtung" als auch der "Hamburger Richtung".
Gründungen im Porzer Raum[Bearbeiten]
Auch im Porzer Raum gab es zwei konkurrierende Genossenschaften: Die Hoffnung war sozialistisch ausgerichtet, während sich in der Eintracht christlich-konservative Mitglieder sammelten.
Konsumgenossenschaft Hoffnung[Bearbeiten]
In Mülheim wurde am 10. März 1901 die Konsumgenossenschaft "Hoffnung" GmbH gegründet[1]. In Köln-Gremberg entstand ein großer Zentralkomplex mit mit Großbäckerei, Metzgerei, Kaffeerösterei und anderen Einrichtungen.
Verkaufsstellen im Porzer Raum:
- Im Oktober 1905 wurde in Urbach die erste in der Bürgermeisterei Heumar gelegene Verkaufsstelle eröffnet.
- 1910 folgte der nächste Genossenschaftsladen in Porz (Mitte), der im August 1910 einen Einbruchsversuch verzeichnete[2].
(Vertiefung erwünscht)
1941 wurde die Überführung unter das Dach der Deutschen Arbeitsfront angeordnet und die Konsumgenossenschaft in die "Gemeinschaftswerk Versorgungsring Köln GmbH" eingegliedert. Die Zentrale in Gremberg zerstörten Kriegseinwirkungen völlig.
Konsumgenossenschaft Eintracht[Bearbeiten]

Ebenfalls in Mülheim entstand 1902 die Konsumgenossenschaft "Eintracht" GmbH. Gründer waren christliche Gewerkschaften gemeinsam mit katholischen und evangelischen Arbeitervereinen. Diese Genossenschaft eröffnete in der Folge Schritt für Schritt Verkaufsstellen, und zwar sowohl in den Städten Mülheim, Köln, Siegburg und Bonn als auch in den rechtsrheinischen Bürgermeistereien. Die Zentrale befand sich in Köln-Buchforst.[3].
1908 war es dann auch im Porzer Raum so weit:
- In Ensen entstand in der Mittelstraße 12 eine Verteilungsstelle der Konsumgenossenschaft.
- In Urbach fand Ende April 1909 im Saal Zaß eine Gründungsversammlung für eine örtliche Gliederung der "Eintracht" statt. Hierzu war der Aufsichtsratsvorsitzende H. Trinkwart aus Mülheim angereist und hielt seine Rede vor rund 70 Anwesenden[4]. Geschäftsführer der Urbacher Gliederung wurde Peter Schlack.
- Bereits wenige Monate später, am 8. Juli 1909 konnte dann ein Filialgeschäft auf der Frankfurter Straße eröffnet werden.
- Am 21. Juli 1909 folgte dann ein Ladenlokal in Eil auf der damaligen Hauptstraße.
- Die Porzer Filiale eröffnete am 22.2.1912 in der damaligen Hauptstraße 33. Im Oktober 1912 hatte die Genossenschaft in Porz 88 Mitglieder. Diese erhielten 8 Prozent Rückvergütung auf ihre Einkäufe[5]. Um 1929 lautete die Geschäftsadresse der Genossenschaft Bahnhofstraße 15.
1926 bestanden schließlich über 175 Verkaufsstellen der Konsumgenossenschaft "Eintracht" in der Großregion Köln/Bonn. Zu Beginn der NS-Zeit wurde die Genossenschaft zunächst unter Staatsaufsicht gestellt, 1935 in eine Handelsgesellschaft umgewandelt. 1941 erfolgte dann die angeordnete Überführung unter das Dach der Deutschen Arbeitsfront mit Eingliederung in die "Gemeinschaftswerk Versorgungsring Köln GmbH".
Fusionierte Wiedergründung und "co op"[Bearbeiten]
Nach Behinderungen und Zerschlagungen der Konsumgenossenschaften in der NS-Zeit organisierten sich ab 1946 die Genossenschaften erneut. Im Mai 1946 wurde die Konsumgenossenschaft Köln eGmbH neu gegründet, in ihr waren nun frühere Akteure und Mitglieder beider Genossenschafts-Strömungen vereint. Die stark beschädigten Gebäude in Köln-Buchforst konnten wieder hergerichtet werden, im ersten Geschäftsjahr wurden von hier 134 Filialen beliefert. 1948 gab es auch bundesweit mit dem Zentralverband (ZDK) wieder einen Dachverband.
Die deutschen Konsumgenossenschaften leiteten mit ihrer Forderung, an Jedermann verkaufen zu dürfen, das Ende ihres bisherigen Geschäftsmodells ein. Im Juni 1954 wurde das Genossenschafts- und Rabattgesetz entsprechend geändert, doch die Regierung Adenauer begrenzte zugleich die Höhe der zulässigen Rückvergütung an Mitglieder auf maximal 3 Prozent - eine Bestimmung, die bereits in der NS-Zeit zum Schutz des privatkommerziellen Einzelhandels praktiziert wurde. Die besonderen Einkaufsvorteile der Mitglieder durch eine üppige Überschussverteilung entfielen hierdurch weitgehend, Kapitaldividenden brachten ab 1960 nur zwei Jahre lang Mitgliedschaftsvorteile. 1962 war der Zenit der Genossenschaftsläden überschritten, nun sanken die Mitgliederzahlen. Auch die Umsätze verlagerten sich von den traditionellen Lebensmittelläden zu Großraum-SB-Läden. Zudem zeigten sich die ersten Discounter. 1967 wurden die genossenschaftlichen Einrichtungen in der Unternehmensgruppe "co op" zusammengefasst, 1969 in "co op Köln" umfirmiert und bundesweit das "co op" - Zeichen eingeführt. Zum 1. Januar 1972 entstand durch Zusammenschlüsse die co op Rheinland. Sie zentralisierte bis 1975 alle Betriebsstellen in Wuppertal, die früheren Kölner Zentralgebäude wurden verkauft und weitgehend abgerissen[6].
"co op" - Läden im Porzer Raum[Bearbeiten]
Die Konsumgenossenschaft Köln betrieb um 1970/71 im Porzer Raum sechs Läden:
- Porz-Mitte, Bahnhofstraße 15
- Grengel, Akazienweg 17
- Gremberghoven, Frankenstraße 11
- Urbach, Frankfurter Straße 506 (1970) 54 (1971)
- Urbach, Marienburger Str. 18
- Wahn, Ecke Frankfurter Straße/Heidestraße
plaza Porz / Continent / Walmart / Real / Kaufland?[Bearbeiten]
Das Warenhaus plaza in Porz-Eil entstand als das erste großflächige SB-Warenhaus der Konsumgenossenschaften in Deutschland. Es sollte eine richtungsweisende Antwort auf den sich verschärfenden Konkurrenzkampf im Einzelhandel geben. Ihr Träger, die plaza SB-Warenhaus GmbH war eine Tochter der Konsumgenossenschaft Köln eGmbH, alle Lebensmittel wurden ausschließlich über die KG bezogen.
Aus Fertigbauteilen entstand auf einem 51.000 qm großen Gelände ein Flachbau mit insgesamt 15.000 qm Verkaufsfläche. Auch wurden 600 Parkplätze mit Ausbaureserven für 1000 Plätze errichtet. Die Bauausführung lag bei der Planungsgruppe Barth KG[7]. Die Gesamtkosten lagen bei rund 7,5 Millionen Mark. Mitte Juni 1968 wurde Richtfest gefeiert.

Das Warenhaus eröffnete unter großer Anteilnahme von Bevölkerung und Presse am 8. Oktober 1968. Auf seinen 10.500 qm wurden auf 4.000 qm Gebrauchsgüter, auf 3.500 qm Möbel und auf 2.500 qm Lebensmittel angeboten - die eund 40.000Artikel hatten anfangs Preise, die 8-10 Prozent unter dem üblichen Preisniveau lagen. Hinzu kamen ein Gartencenter, vorgesehen war auch ein Kindergarten und eine Bankfiliale.
Im Wettbewerb mit anderen Akteuren wurde für Modernisierungen viel Geld benötigt. Zu desssen Beschaffung beschlossen einige Konsumgenossenschaften ihre Umwandlung in Aktiengesellschaften[8]. Im November 1974 wurde in Frankfurt die co op-Zentrale AG als Holding gegründet, in NRW entstand durch Konzentration die co op West AG mit Sitz in Mülheim/Ruhr. Der Markt in Porz wurde zwischenzeitlich der Tochter "co op SB-Warenhaus und Fachmarkt AG" zugeordnet
Bilanzmanipulationen und Vermögensverschiebungen führten erst zu einem der größten Finanzskandale Deutschlands und dann durch Milliardenschulden 1989 zur Zerschlagung der AG. Den Markt in Porz kaufte im Jahr 1990 die französische Groupe Promodès, deren Tochter Promohypermarkt die deutschen SB-Warenhäuser betriet. Sow wurde aus "plaza" zunächst Continent.
1996 endete das französische Engagenment in Deutschland bereits wieder, nun war es die US-Handelskette Walmart, die für ihren großen Einstieg in Deutschland auch den Markt in Porz neben diversen Wertkauf-Märkten erwarb. Der Name "Continent" verschwand, nun firmierte der Markt unter Walmart. Doch die Erwartungen erfüllten sich nicht, der US-Konzern verstand die deutsche Einkaufs- und Unternehmenskultur nicht und machte nur Verluste. Daher verkaufte Walmart im Jahr 2006 seine 85 deutschen Märkte wieder, Erwerber war die Metro Handesgruppe mit Sitz in Düsseldorf. Sie führte den Markt in Porz nun unter dem Namen Real weiter. Baulich wurde in den ganzen Jahren nichts grundlegend an dem Gebäude verändert, es erfolgten weder Umbau noch Sanierung. Metro führte die Real-Märkte ohne klare Konzepte, häufig defizitär und zumeist mit untertariflicher Bezahlung der Mitarbeitenden. Dies schleppte sich sich bis in die Jahre 2020/22 hin. Dann wurden sämtliche Filialen an verschiedene Interessenten verkauft.
Doch während der Erwerber des Porzer Marktes, Kaufland, andere Real-Märkte zügig nun als Kaufland wieder eröffnete und auch Personal übernahm, wurde der Markt in Porz noch als "Real" und vor dem Verkauf zum 30. Juni 2022 geschlossen und die 97 Mitarbeiter entlassen. Obwohl dieser Markt zu den umsatzstärksten Real-Filialen gehörte. Das Gebäude zeigte sich als zu marode und heruntergekommen, um es einfach weiterzuführen. Kaufland plant einen umfangreichen Umbau, der einschließlich der erforderlichen behördlichen Genehmigungen nun bereits zwei Jahre ohne jegliche Terminverkündung für Baubeginn oder gar Eröffnung auf sich warten lässt. Zwischenzeitlich vermüllt das Gelände Rudolf-Diesel-Str. 32-36 zunehmend.
Quellen, Literatur und Links[Bearbeiten]
Bosbach, Alfred: 1946-1971. 25 Jahre konsumgenossenschaftliche Arbeit für den Verbraucher. Chronik der Konsumgenosssenschaft Köln eGmbH. Neudruck der Heinrich-Kaufmann-Stiftung, Hamburg 2007 (zum PDF)
- ↑ Nach der Eingemeindung Mülheims nach Köln im April 1914 lautete der Name "Konsumgenossenschaft Hoffnung Köln am Rhein und Umgegend"
- ↑ vgl. Meldung des Porz-Urbacher Volksblatts v. 23.08.1910
- ↑ Zum Ende des Geschäftsjahres 1911/12 waren es bereits 81 Verkaufsstellen. In den folgenden Jahren wuchs die Genossenschaft auch durch Übernahmen anderer Konsumgenossenschaften. Vgl. HAStK Best. 1366
- ↑ vgl. Porz-Urbacher Volsblatt v. 27.4.1909. In der Folge wurde in mehreren Leserbriefen das Für und Wider von Genossenschaftsläden diskutiert.
- ↑ vgl. Sieg-Bote v. 26.10.1912
- ↑ Nur das ehemalige Verwaltungsgebäude in Köln-Buchforst steht heute noch, als Wohngebäude umgebaut.
- ↑ Sie hatte bereits in rund 10 Wochen Bauzeit das benachbarte Autokino errichtet.
- ↑ In der Folge wählten auch viele bisher genossenschaftlich verfasste Lebensmittelhändler andere Rechtsformen.