Himmelreich
Gründungsgeschichte bis Weltkriegsende[Bearbeiten]
Das Lebensmittelhandelsunternehmen Himmelreich hatte eine lange Geschichte, die mitten im Zentrum von Porz wurzelt. Der evangelische Kaufmann Gustav Adolf Himmelreich (1866 - nach 1941)[1] übernahm zunächst im Jahr 1897 die Kolonialwarenhandlung von August Wiesemann in der Ehrenstraße 69 in Köln. Er erweiterte das Sortiment um Materialien und Farbwaren und suchte im April 1899 per Inserat einen Lehrling. Im Jahr 1901 eröffnete Himmelreich zusammen mit Oskar Winzerling eine Großhandlung im Ort Porz an der Hauptstraße 96 (heute Höhe 408). Das Kölner Engros-Lager der Firma Himmelreich & Winzerling führte Kolonialwaren, Delikatessen, Spirituosen, Gewürze, aber auch Arzneimitteln und Farben. Allerdings war diese frühe Firma (HR A51) im Oktober 1902 bereits wieder erloschen, Himmelreich führte aber beide Standorte weiter. Auch die Verkaufsräume in der Ehrenstraße bewarb er nun mit "Kölner Engros-Lager". Am 26.10.1909 wurde die Firma Adolf Himmelreich, Cöln (A 3888) in das Handelsregister eingetragen, Prokura erhält Fritz Weidemann [2](1882-1936) aus Porz. Doch diese Firma wurde bereits im April 1910 an das Ehepaar Kreutz, Köln, verkauft. Mit der Firma war der Standort Ehrenstraße 69 verbunden, den Adolf Himmelreich somit nun aufgab.
Stattdessen entstand im April 1910 die Firma Adolf Himmelreich Colonialwaren Engros, Cöln (A4975), Weidemann erhielt hier erneut Prokura. Nach einer Zwischenstation in der Rheinaustraße 15 lautete der neue Standort in Köln ab 1912 Filzengraben 29/31. Bislang war hier die Kolonialwarengroßhandlung Rolin-Claasen Nachfolger ansässig. Im Jahr 1910 soll das regionale Filialnetz von Himmelreich bereits zehn Geschäfte umfasst haben, ein Nachweis findet sich jedoch nicht. Um 1913 firmierte das Geschäft an der Hauptstraße in Porz als Germania-Drogerie, es wurde wohl wesentlich vom Ehepaar Weidemann geführt.
Auch gab es bereits im Ersten Weltkrieg am Porzer Standort eine Sojakaffee-Rösterei. Sie war ein Zweigwerk der Deutschen Lecithin-Werke, Neuss, und firmierte als Delwerks Soja-Caffee-Rösterei Porz-Cöln. Offensichtlich war das Produkt als billigere Kaffe-Variante stark erklärungsbedürftig. Wissenschaftliche Autoritäten wurden bemüht, in zahlreichen Anzeigen zitiert, zudem wurde behauptet, das patentgeschützte Produkt "vereinigt vollkommenen Kaffegenuß mit Bekömmlichkeit" und sei der "Liebling der Hausfrauen"[3] Im Ersten Weltkrieg war Himmelreich zudem Vertriebsstelle der Gemeindewaren der Bürgermeisterei Heumar.
Um 1917 wurde die benachbarte Konservenfabrik geschlossen. Himmelreich nutzte diese Chance, mietete das Gelände, damals Hauptstraße 98 und bis an die heutige Josefstraße reichend, vom neuen Besitzer und baute die Gebäude zu Lagerräumen um. Zum Großhändler wurde das Unternehmen durch einen Auftrag der Gemeinde, nunmehr auch Lebensmittel-Läden im gesamten Porzer Raum zu beliefern. In den letzten Jahren des Weltkriegs versorgte Himmelreich verschiedene Gemeinden bis hin ins Ruhrgebiet mit Lebensmitteln. Dabei erzielte er erhebliche Gewinne durch Preisdifferenzen zwischen Einkauf und Verkauf, mitunter auch unter Nutzung zweifelhafter Einkaufsquellen und Schiebereien[4].
Weimarer Republik und NS-Zeit[Bearbeiten]
Ab Februar 1923 firmierte das Unternehmen als A. Himmelreich Aktiengesellschaft, zunächst in Nußbaum bei Bergisch Gladbach (B71)[5], ab März 1928 in Köln (HRB 6756, später 8856). Es hatte zunächst ein Stammkapital von 600 Namensaktionen zu je 10.000 Mark. Weiterhin ging es um den Handel mit Kolonialwaren, die Kaffeerösterei und die Herstellung von Essig. Gründer und Aktionäre der AG waren neben Adolf Himmelreich und seiner Ehefrau Martha, geb. Wissemann (1876-1941) auch ihre Tochter Gertrud Hess, geb. Himmelreich aus Köln, der Kaufmann Heinrich Münster in Porz (für Firma Edmund Münster, Düsseldorf) sowie das Ehepaar Fritz und Martha Weidemann. Fritz Weidemann war neben Adolf Himmelreich bis zu Jahresende 1932 Direktor des Unternehmens, danach erneut ab 1934 bis zu seinem Tod. Den Standort Filzengraben 29/31 in Köln behielt Himmelreich nach 1923 als Zweigstelle noch einige Jahre weiter bei, die zugehörige Firma Adolf Himmelreich Colonialwaren en gros erlosch Anfang 1933.
Nach der Inflationszeit entsprach das Stammkapital zunächst 240.000 Reichsmark, 1925 wurden es dann auf 150.000 neue Reichsmark umgestellt und im März 1928 auf 240.000 Reichmark erhöht. 1928 wurde zudem der Sitz der Gesellschaft von Nußbaum nach Porz verlegt. 1928 gehörten Tochter Gertrud und Schwiegersohn Albrecht Hess dem Aufsichtsrat an, Albrecht Hess hatte zudem bis Oktober 1929 Prokura. Zwischen 1924 und 1935 gab es keine Ausschüttung von Dividenden. Zum Jahresende 1933 war das Unternehmen zahlungsunfähig und stand kurz vor dem Konkurs, nur ein gerichtliches Verlgeichsverfahren konnte ihn im März 1934 abwenden. "Die sämtlichen Aktien (...) befinden sich nunmehr in Händen der Vorbesitzer der Fabrikgrundstücke. Der Fortbestand der Firma ist infolge Zuführung der erforderlichen Mittel gesichert.[6]" Offenbar wechselten hierdurch auch die Inhaber. Nicht nur Adolf Himmelreich schied aus der Unternehmensleitung aus - Direktion und Aufsichtsrat kamen nun weitgehend aus Düsseldorf, darunter Fritz Wolter als Vorstand. Mitte des Jahres 1936 erhielten Heinrich Marenbach[7] und Heinrich Wirtz aus Porz Prokura. Fritz Wolter starb Ende 1940, sein Nachfolger wurde Dr. Edmund Münster (1906-1943) aus Düsseldorf[8]. In den Jahren 1939 bis 1944 zahlte das Unternehmen seinen Aktionären Jahresdividenden zwischen 5 und 6 Prozent, das Unternehmen war auch im Krieg weiterhin als Großhändler tätig. Im Herbst 1942 erhöhte der Aufsichtsrat das der A. Himmelreich AG Porz das Grundkapital in zwei Schritten auf 500.000 Reichsmark. Es wurde in 680 Namensaktien je 500 RM und 160 Namensaktion je 1000 RM eingeteilt.br>
Bundesrepublik Deutschland[Bearbeiten]
Das Jahr 1948 zeigt Heinrich Wirtz als in Porz wohnenden Vorstand, er hatte bereits ab 1936 Prokura im Unternehmen erhalten und war 1942 zum stellvertretenden Vorstand aufgerückt. Das Aktienkapital des Unternehmens belief sich 1948 auf 700.000 DM. Erst ab dem Beginn der 1950er Jahre rechneten zur A. Himmelreich KG auch selbständige Kaufleute als Mitglieder von Himmelreich als Einkaufsgemeinschaft ("freiwillige Handelskette"). In den 1960er Jahren reichte der Auslieferbezirk von Leverkusen bis Koblenz und von Wipperfürth bis Düren. 1962 umfasste das Geschäftsnetz rund 1.500 Läden. Bis etwa 1964 befanden sich Verwaltung, Lager und Kaffeerösterei[9] mitten in Porz, dann erfolgte der Umzug des Unternehmens.
Der Standort Ensen[Bearbeiten]
An der Grenze zwischen Ensen und Westhoven entstanden im Bereich Charlottenstraße und Viktoriastraße neue Gebäude. Sie hatten eine Lagerfläche von 15.000 qm. Neben der Kaffeerösterei gab es die Weinkellerei Sonnenkellerei, sie konnte 4 Mio. Flaschen jährlich abfüllen. In den 1968er Jahren erreichte der Umsatz die Schwelle von 100 Mio. DM, Zweigbetriebe gab es in Haan, Bottrop und Mönchengladbach[10]. Das Unternehmen gehörte zu den Pionieren in der Anwendung der EDV. Nicht nur durch Nutzung einer IBM-Großrechenanlage, sondern auch durch die Einführung der ersten Scannerkassen in den Himmelreich-Filialen. Die Himmelreich-Belegschaft konnte zahlreiche Vorteile nutzen, so gab es am Lagerstandort in Ensen für die Mitarbeitenden u.a. einen firmeneigenen Tennisplatz und Vereinsclub, sowie ein Hallenschwimmbad.
In den 1989er Jahren endete die Zeit des Zustellgroßhandels sowie der "Himmelreich"-Läden. Der Slogan "ah - Vertrauen durch Qualität" verschwand sodann, denn die Kette wurde von der Spar Handels AG Hamburg-Düsseldorf-München aufgekauft und die Läden sukzessíve auf deren Logo mit der Tanne umgestellt. Fortan erfolgte die Belieferung der Läden über die Spar Großhandlung in Langenfeld/Rhld.
Seit dem Zusammenbruch und beinahe Konkurs der Spar Handels AG im Jahr 2005 gehören die Kaufleute der Handelskette wiederum zur genossenschaftlichen Edeka-Gruppe.
Frühere Himmmelreich-Läden im Bezirk Porz:
- Eil: Inselmarkt/Mellerhof
- Ensen, Gilgaustraße 29: Josef Hein (ab 1974, heute Edeka)
- Finkenberg, Konrad-Adenauer-Straße (Oktober 1971 bis um 1998)
- Gremberghoven, Talweg 16
- Porz Zentrum, Hauptstraße
- Urbach, Kupfergasse/Ecke Kaiserstr.: Tempo-Markt (Regie-Markt des A.Himmelreich Tochterunternehmens Johann Förster KG)
- Wahnheide, Linder Weg 26: vermutl. Familie Linden (nach 1971)
- Wahnheide, Rolandstraße
Handelshof[Bearbeiten]
In den 1959er Jahren beteiligte sich die Firma A. Himmelreich gemeinsam mit der Kölner Firma Franz Willick Kaffeegroßrösterei (Löwen Kaffee) an einem der ersten Cash- und Carry-Märkte Deutschlands, dem Selbstbedienungsladen "Handelshof" in Haan bei Düsseldorf. Weil der C&C Markt so erfolgreich war, entstand bereits in den 1961er Jahren in Köln-Poll ein zweiter Handelshof. Zur Steuerung der beiden Märkte wurde die Handelshof-Gruppe gegründet. Zum Liefergroßhandel wird die Gruppe in der 1968er Jahren.
Ab dem Jahr 2019 erfolgte der Rückzug der Eigentümerfamilien aus dem operativen Handelsgeschäft. Im Februar 2019 wurde die Handelshof-Gruppe vom Edeka-Konzern übernommen und in eine Stiftung überführt. Die Integration der Franz Willick Kaffeegroßrösterei folgte dann im Jahr 2022. Die Aktivitäten von Kaffeegroßrösterei und C&C Betrieben werden weiterhin von Porz-Ensen aus gesteuert. Die Handelshof Management GmbH kümmert sich um die Bereiche Management, Marketing, Wareneinkauf und IT.
Quellen, Literatur und Links[Bearbeiten]
- ↑
Biographie: Adolf Himmelreich wurde am 30.4.1866 in Lennep geboren, besuchte dort die Höhere Bürgerschule, verlobte sich im September 1897 in Düsseldorf mit Martha Wissmann (1876 - 25.8.1941) und zog dann nach Köln. Anfang 1899 heiratete das Paar, es suchte im Juni 1899 nach dem Tod des Schwiegervaters in Köln ein Dienstmädchen für einen Haushalt mit fünf Personen. Bereits im Dezember 1899 wurde Tochter Gertrud geboren. Im Mai 1903 kam Sohn Werner zur Welt. Die Familie lebte ab 1920 in Nußbaum bei Bergisch Gladbach-Paffrath zunächst unter der Adresse Nussbaum 40, einem Jägerhaus am Stüppchesberg, genannt "Haus Himmelreich". Die Tochter Gertrud heiratete im Juli 1921 Albrecht Hess und wurde 1923 an der neuen AG beteiligt. Die Familie förderte den Chor MGV Heimatklänge Nußbaum, spendete 1924 auch für eine Vereinsfahne, die nach Entwürfen von Ehefrau Martha gefertigt wurde. Das Ehepaar hielt sich Riesenschnauzer. Tochter Gertrud und Schwiegersohn Albrecht wohnten inzwischen im Gebäude Hauptstraße 96 in Porz. Sohn Werner studierte Medizin und heiratete 1932 seine Kommilitonin Hildegard Köchling; das Ehepaar zog nach Bornich bei St. Goarshausen. Martha Himmelreich engagierte sich in der evangelischen Gemeinde Hand.
Adolf Himmelreich zog 1941 nach dem Tod seiner Ehefrau nach Köln-Riehl (Angabe lt. Meldekartei Bergisch Gladbach). Sein Todesjahr ist noch unbekannt.
- ↑ Fritz Weidemann heiratete 1913 Martha Gissler aus Solingen. Sie wohnten bis 1936 mit ihren drei Kindern Fritz jun., Hanna und Erich über dem Porzer Geschäft in der Hauptstraße 96.
- ↑ vgl. zahlreiche Inserate 1913/14 im Iserlohner Kreisanzeiger, zB. 12.2.1914.
- ↑ vgl. Bericht "Große Schieber" in: Volkswille Münster v. 16.06.1922
- ↑ vgl. Bergisch Gladbacher Volkszeitung v. 24.3.1923
- ↑ Kölnische Zeitung v. 11.5.1934
- ↑ (HRB 6756) Kölnische Zeitung v. 28.7.1936. Marenbach kam aus Altenkirchen, sein Sohn Rolf gab dem NSDOK ein Interview über die NS-Zeit.
- ↑ Vgl. Kölnische Zeitung v. 9.1.1941. E.M. war der Sohn von Edmund Münster sen., der in Düsseldorf seit dem Jahr 1900 ein sehr profitables Lakritz- und Süßigkeitenwerk betrieb. Von 1919 bis 1931 bestand auch eine Zweigniederlassung in Porz (HR Köln NR. 7174).
- ↑ Der markante Schornstein der Kaffeerösterei fiel am 20.10.1969, vgl. KStA Porz v. 21.10.1969 (mit Foto)..
- ↑ vgl. KStA Porz, 9.1.1969.