Gemeinde Porz

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1929 bis 1933[Bearbeiten]

Die Gemeinden Heumar und Wahn wurden 1929 zur neuen Landgemeinde Porz fusioniert. Diese wurde sodann in Äußerungen und Zeitungsberichten auch als Großgemeinde Porz bezeichnet, weil die bisherige Gemeinde Heumar bereits seit Längerem öffentlich auch als Gemeinde Porz galt. Die Gemeinde Porz bestand bis zur Stadtwerdung von Porz im September 1951. Den ersten Gemeindewahlen am 23. Juni 1929 war ein lebhafter Wahlkampf vorausgegangen. Die Wahlbeteiligung erreichte dennoch nur 46,3 Prozent der Wahlberechtigten[1]. Das Wahlergebnis:

  • Zentrum - 2038 Stimmen / 10 Sitze: Johann Barz, Heinrich Billstein, Karl Hermanns aus Porz, Christian Hök, Peter Hürth, Peter Schumacher, Johann Söntgerath aus Lind, Dr. Johann Thelen aus Ensen, Jakob Werheid aus Heumar und Josef Weifer
  • SPD - 1425 Stimmen / 6 Sitze: Johann Berger aus Porz, Paul Brätter aus Wahnheide, Franz Decker aus Urbach, Josef Jenn, Heinrich Klein und Matthias Müller
  • Bürgerliche Arbeitsgemeinschaft - 967 Stimmen / 4 Sitze: Bernhard Krämer aus Wahn, Hugo Körber aus Porz, Peter Sost aus Heumar und Peter Johann aus Wahn
  • KPD - 497 Stimmen / 2 Sitze: Christian Herkenrath aus Ensen und Josef Winkelmann aus Gremberghoven
  • Deutsche Volkspartei - 319 Stimmen / 1 Sitz: Max Stursberg
  • Deutschnationale Volkspartei - 240 Stimmen / 1 Sitz: Adolf Schorn

Neuer Bürgermeister wurde der bisherige Bürgermeister von Heumar, das Zentrumsmitglied Wilhelm Schmitz-Hübsch. Ihm zur Seite standen die Beigeordneten Karl Hermanns (1929), Ludwig Schmidt (1929), Max Stursberg (1929), Johann Berger (1929-1930), Peter Schumacher (ab 1930), Hugo Klöter (ab 1930), Friedrich Capellmann (ab 1930) sowie Hermann Göckemeyer (ab 1931).

1933 bis 1945[Bearbeiten]

Machtergreifung 1933[Bearbeiten]

Der Wahlkampf für die Gemeinderatswahlen 1933 stand bereits unter dem massiven Einfluß des SA-Straßenterrors. Die Kampagnen der anderen politischen Parteien wurden systematisch behindert, KPD und SPD durften keine Flugblätter drucken und viele Kandidaten waren Repressionen ausgesetzt. Insbesondere der KPD wurde bereits Ende Februar 1933 jegliche politische Arbeit unmöglich gemacht, viele Führungskräfte waren in "Schutzhaft" interniert. Die Wahlen am 12.3.1933 erbrachten dann zunächst das folgende Wahlergebnis:

  • Zentrum - 3329 Stimmen / 9 Mandate für Karl Hermanns aus Porz, Johann Söntgerath aus Lind, Heinrich Lob aus Urbach, Dr. Johann Thelen aus Ensen, Jakob Werheid aus Heumar, Heinrich Horion aus Libur, Hugo Klöter aus Porz, Lambert Pohl aus Zündorf und Gustav Heimbach aus Eil
  • NSDAP - 3205 Stimmen / 8 Mandate für August Reuter aus Wahnheide, Theodor Müseler aus Porz, Josef Trompetter aus Wahn, Hans Wittauer aus Porz, Wilhelm Bothe aus Wahnheide, Heinrich Kaiser aus Heumar, Heinrich Heintz aus Porz und Heinz Schaemann aus Lind
  • SPD - 1484 Stimmen / 4 Mandate für Johann Berger aus Porz, Franz Decker aus Urbach, Paul Brätter aus Wahnheide und Franz Kreitz aus Ensen
  • KPD - 931 Stimmen / 2 Mandate für Christian Herkenrath und Josef Winkelmann aus Ensen
  • Bürgerliche Arbeitsgemeinschaft - 418 Stimmen / 1 Mandat für Bernhard Krämer aus Wahn, der lehnte ab, sein Nachfolger war Peter Sost
  • Kampffront Schwarz-Weiß-Rot - 237 Stimmen / kein Sitz

Im März 1933 nötigte dann die SA auch den noch amtierenden Bürgermeister Wilhelm Schmitz-Hübsch durch massive psychische Einschüchterung zum Rücktritt. Am 21. März wurde daraufhin durch den Landrat der Lindlarer Gemeindeobersekretär Hermann Oedekoven (1900-1967 Siegburg) zum kommissarischen Bürgermeister der Gemeinde Porz ernannt.

Erst fünf Wochen nach der Wahl inszenierten die Nationalsozialisten und mit ihrem kommissarischen Bürgermeister an "Führers Geburtstag", den 20. April, die erste Gemeinderatssitzung. Zu dieser Zeit waren bereits die beiden KPD-Mandatsträger und der Vertreter der Bürgerlichen Arbeitsgemeinschaft zur NSDAP übergetreten und diese damit die stärkste Fraktion. Die Porzer Nationalsozialisten zogen vor großem Porzer Publikum - vornweg SA-Trupps mit Hakenkreuzfahnen - vom Rathaus in den ebenfalls hakenkreuz-geschmückten Saal des Porzer Hof ein, in ihrem Gefolge die erschienenen Mandatsträger von SPD und Zentrum. Aber bereits vorab hatte die NSDAP-Leitung die weitere Mitarbeit der SPD als unerwünscht erklärt. Im Saal nahmen der Bürgermeister, der NSDAP-Ortsgruppenleiter und die SA- und SS-Sturmführer an einem Quertisch ihre Plätze ein, längs saßen die übrigen Gemeindevertreter. Den weiteren Verlauf schildert als Zeitzeuge 31 Jahre später Josef Kuttenkeuler in seinen Erinnerungen:

Oedekoven legte "die Auffassung der NSDAP dar, daß fortan der Gemeinderat nicht mehr wie bisher eine beschlußfassende Einrichtung sei, sondern (...) nur eine beratende Funktion habe, den Beschluß fasse der Bürgermeister. Zunächst hatte es den Anschein, als sollte darüber diskutiert werden. Die Diskussion wurde jedoch bald abgewürgt und niedergeschrien. Da unter diesen Umständen eine weitere Wortmeldung unsinnig war, stellte der Bürgermeister fest, daß alle mit der Maßnahme einverstanden seien. Danach erklärte der Bürgermeister, daß der Gemeinderat aufgelöst sei und fortan der Gemeinderat von der NSDAP aufgestellt würde."[2]

Tatsächlich belegte erst am 23. Juni 1933 ein Runderlass des preußischen NSDAP-Innenministers auch offiziell sämtliche gewählten SPD-Vertreter mit einem Mandatsentzug. Die Mandate der beiden KPD-Überläufer bestanden keine vier Monate - Anfang August 1933 mussten sie auf Weisung übergeordneter Stellen zurücktreten.

NSDAP-Mitglieder als "Gemeinderäte" in Porz 1933-1945[Bearbeiten]

Der Gemeinderat Porz bestand spätestens ab Herbst 1933 nur noch aus überzeugten NSDAP-Mitgliedern im Dienst des NSDAP-Regimes. Ende Januar 1935 hob die Deutsche Gemeindeverordnung alle landesrechtlichen Verfassungen auf. Der Bürgermeister hatte die alleinige Entscheidungsgewalt. Nun war ein Gemeinderat weder ein entscheidungsbefugtes Gremium noch ein einzelner gewählter Mandatsträger. Sondern vielmehr eine Person, die vom Kreisleiter als Beauftragtem der NSDAP und dem Bürgermeister zum Ehrenbeamten im Führerstaat feierlich verpflichtet und auf Adolf Hitler vereidigt wurde. Dieser Personenkreis wurde auch als Gemeindeälteste bezeichnet.

Die Gemeinderatsprotokolle vom Dezember 1940 bis zum November 1944 unter Bürgermeister Ignaz Morschel sind erhalten geblieben[3]. Es gab jährlich drei Treffen, zumeist im Kasinoraum des Kölner Hofs oder im Gesellschaftsraum in der ersten Etage von Haus Knott. Themen waren dabei wesentlich Käufe und Verkäufe von Grundstücken, mitunter auch Versorgungsanliegen (Wasser, Strom, Müllabfuhr, ...). Die Gemeinde sicherte sich in erheblichem Umfang Immobilien und verkaufte sie an kauf- oder bauwillige Privatpersonen und Unternehmer "sofern die Ortsgruppe [der NSDAP] die politische Zuverlässigkeit bejaht". Dieser Vorbehalt findet sich ständig wiederkehrend. Zudem bestand im Krieg eine Bausperre, daher trug jeder Verkauf in dieser Zeit die weitere Klausel, die Bautätigkeiten binnen zwei Jahren nach Kriegsende auszuführen.

  • Beigeordnete waren:

Freiherr Kuno von Eltz-Rübenach (1933-1942); Urban Engels(1933/34, 1942-1945), Porz; Paul Kohls (1933), Wahnheide; Theodor Müseler (1934-1942); Peter Sost (1934-1945), Burg Röttgen.

  • NSDAP-Gemeinderäte waren:

Johann Berg (1935-1943), Eil; Peter Billstein (1935-1945), Porz; Friedrich Wilhelm Bothe (1933/34), Wahnheide; Friedrich Capellmann (1933-1945), Urbach; Urban Engels[4] (1934-1942), Porz; Heinrich Euler (1935-1945), Langel; Günther, ?? (1933-1945); Dr. Guthmann (1943-1945); Heinrich Heintz (1933/34)[5], Porz; Dr. Georg Herrmann, Porz (1934-1937); Peter Hesseler (1935-1942), Libur; Gottfried Hungenberg (1933-1943), Wahn; Heinrich Kaiser (1933-1943), Heumar; Peter Kland, Wahn (1943-1945); Josef Klein (1935-1943), Zündorf; Christoph Klintwordt (1933-1945)[6], Porz; Peter Kuhn[7] (1933, 1935-1943), Gremberghoven; Franz Ludemann (1935-1945), Heumar; Otto Renner (1933-1943)[8], Wahn; August Reuter (1933/34)[9], Wahnheide; Josef Römer, Ensen (1943-1945); Hubert Rösgen, Westhoven (-1943); Fritz Salitter (1934-1940)[10]; Karl Benczek (1941-1944)[11]; Heinz Schämann (1933-1945), Wahnheide/Lind; Heinrich Scharrenbroich (1933-1939), Ensen; Wilhelm Scheben (1937-1939), Westhoven; Peter Schmitz (1935-1945), Porz; Schramm (1942-1945); Johann Söntgerath (1937-1939), Lind; Franz Tollmann (1935-1945), Eil; Josef Trompetter (1933-1943), Wahn; Otto Weber (1935-1942), Gremberghoven; Heinrich Weiden (1935-1945), Eil; Hans Wittauer (1933), Porz.

Die NSDAP in der Rathausverwaltung[Bearbeiten]

Nach der "Machtergreifung" in Porz wurde auch die Porzer Verwaltung zum Erfüllungsgehilfen der Nationalsozialisten. Nur einzelne Mitarbeiter lehnten politisch die NSDAP ab und wurden entlassen, während nahezu alle leitenden Beamten sich in den Dienst des nationalsozialistischen Unrechtsstaats stellten und bis 1945 auf ihren Positionen blieben bzw. im Rathaus ihre Beamtenkarrieren fortsetzten. Dies galt für Peter Schumacher, Rudolf Neu, Melchior Kurth, Julius Koch, Franz Fuchs, Josef Meyer, Wilhelm Weber und Andere. Bereits ab Mitte Dezember 1933 galt durch das Preußische Gemeindeverfassungsgesetz in den Gemeindeverwaltungen das Führerprinzip.

Mindestens die leitenden Beamten wurden 1933, entweder durch Überleitung aus einem bisherigen Beamtenbund (DBB/ADB), oder durch (nahegelegten) Neueintritt Mitglied in der Einheitsorganisation Reichsbund der Deutschen Beamten (RDB). Dieser berufsständige Verband war der NSDAP angeschlossen und veranstaltete entsprechende ideologische Schulungsveranstaltungen. Eine Zwangsmitgliedschaft gab es hier jedoch nicht. Bereits vor der Machtergreifung im Porzer Rathaus wussten die Porzer Beamten, in wessen Dienst sie sich stellen würden. Am 9. März war im benachbarten Köln-Rath der SPD-Reichstagsabgeordnete Wilhelm Sollmann, Chefredakteur der Rheinischen Zeitung, überfallen, verschleppt und lebensgefährlich verletzt worden. Am 1. April 1933 fand in ganz Köln eine Hetzkampagne mit Übergriffen gegen jüdische Läden, Ärzte und Juristen statt. Nach der Machtübernahme im Porzer Rathaus hatten die hiesigen Verwaltungsbeamten kaum Zeit, der NSDAP beizutreten. Denn einen Tag zuvor, am 19. April wurde eine Aufnahmesperre verkündet, die zum 1. Mai 1933 in Kraft trat. Erst ab Mitte April 1937 wurde die Sperre teilweise gelockert und nun konnten auch Porzer Beamte durch ihre RDB-Mitgliedschaft aus freien Stücken auch NSDAP-Mitglieder werden - denn gerade die Aufnahmegremien der NSDAP prüften die Überzeugtheit der Kandidaten von der NS-Ideologie recht penibel.

So beantragte Melchior Kurth (1898-1972) am 2.6.1937 die Mitgliedschaft und wurde wie viele weitere Personen rückwirkend zum 1.5.1937 mit der Nummer 4388084 in die NSDAP aufgenommen. Gebürtig und wohnhaft in Elsdorf, trat er schon 1912 als Lehrling in die kleine Gemeindeverwaltung Wahn ein und brachte es durch Schulungen und Studium an der Verwaltungsakademie dort zum Gemeindeobersekretär. Die fusionierte Gemeinde Porz übernahm Kurth 1929. 1934 wurde er als Gemeindeobersekretär Leiter des Schulamts. Das Schulsystems der NS-Zeit war bekanntlich durch das NS-Regime völlig in den ideologischen Dienst genommen worden. Lehrer mussten Mitglied des Nationalsozialistischen Lehrerbundes sein - ein Ausschluß führte faktisch zum Berufsverbot. Es ist sehr fraglich, ob ein Amtsleiter gerade dieses Ressort ohne Grundlegung und Anwendung der nationalsozialistischen Ideologie führen konnte. Kurths Tätigkeiten wurde auch im NS-Staat belohnt: 1935 war er bereits Oberinspektor, 1939 übernahm er die Leitung der Hauptverwaltung Porz, ab 1943 im Rang und der Besoldung eines Verwaltungsdirektors (rund 6.640 Mark - eine nahezu Verdoppelung seines Gehalts gegenüber 3400 Mark in 1933). Auf Vorschlag des Landrats Julius Mennicken erhielt Kurth bereits 1940 das Kriegsverdienstkreuz II. Klasse für seine Verdienste als Zivilist an der "Heimatfront". 

Am 13.4.1945 setzten die US-Amerikaner Kurth - in Unkenntnis seiner NS-Vita - als Bürgermeister ein, zum 24.5.1945 jedoch muss er sich selber (als eine seiner letzten Amtshandlungen am 22.5.) wegen seiner bekannt gewordenen NSDAP-Mitgliedschaft entlassen. Bereits am 31.10.45 beschließt ein Beratungsausschuss[12] mit Mehrheit, Kurth könne erneut in der Gemeinde tätig werden. Im Januar 1946 wurde er erneut, die ersten 6 Monate auf Probe, als Gemeindeoberinspektor eingestellt. In den Anhörungsbogen gab er am 15.5.1945 und wiederholt im Januar 1947 unzutreffend an, keinerlei Orden oder Ehrungen durch die Nazis erhalten zu haben. Erst auf Vorhaltung räumte er im Februar 1947 die Ordensverleihung ein. Zahlreiche "Persilscheine" liegen in seiner Akte, die meisten allerdings nur als (teilw. von ihm selbst verfasste) Abschriften. Darunter sind keinerlei Aussagen von Verfolgten durch das Nazi-Regime. Nach einer Anhörung vor dem nun reindeutschen Entnazifizierungs-Ausschuß am 6.2.1947 wurde Kurth als "politisch unbelasteter Nutznießer" (Vermerk des Ausschusses) in Kategorie V eingestuft und erhielt am 17.7.1947 sein offizielles Entlastungs-Zeugnis. Damit konnte er bereits ab April 1947 seine Tätigkeit an der Spitze der Verwaltung Porz fortsetzen.

Kein einziges selbstkritisches Wort ist von ihm überliefert, hingegen viel Eigenlob seiner Aufopferung für die Gemeinde. Rolf Marenbach erinnerte Kurth in der NS-Zeit als "Gratwanderer": "Er gab sich nach außen hin als sehr gefügig, war aber dennoch ein sehr strenger Katholik"[13].

Oedekoven wurde in seiner Arbeit bis in das Jahr 1937 durch den Gemeindedirektor Peter Josef Schumacher[14] unterstützt. Er war nicht nur als Bürgermeister der Landgemeinde Porz aktiv, sondern ab 1938 auch Kreisamtsleiter des Rheinisch-Bergischen-Kreises unter dem Kreisleiter, SA-Sturmführer und Reichstagsmitglied Walter Aldinger. Er blieb es, bis seine vielfältigen persönlichen Verfehlungen Anfang Oktober 1940 zu einer Anklage wegen Untreue im Dienst führten. Im anschließenden Prozess erhielt er im Herbst 1941 ein Strafmaß von sechs Jahren Gefängnis[15].

Sein Nachfolger wurde ab 1.12.1940 Ignaz Morschel (*1896), bislang Gauhauptstellenleiter in Köln[16]. Morschel war zudem ein regelmäßiger Gauredner der NSDAP auf Pflichtveranstaltungen von NSDAP-Ortgruppen des Rheinisch-Bergischen Kreis, auf denen während des Weltkriegs der "unerschütterlichen Glauben an den Sieg" beschworen wurde. Er blieb Bürgermeister bis zum Ende der NS-Diktatur in Porz.

Die Gemeinde war in der NS-Zeit keinesfalls nur der Erfüllungsgehilfe übergeordneter Stellen. Viele Maßnahmen geschahen ohne Anweisungen "von oben" aus eigener NSDAP-Folgschaft oder in eigener völkischer Überzeugung. So wurde keiner Gemeinde die (Um-)Benennung von Straßen vorgegeben - in der Gemeinde Porz betraf dies immerhin mehr als ein Dutzend Straßen. Keine Gemeinde wurde gezwungen Schulen umzubenennen - in Porz erhielten gleich beide konfessionellen Volksschulen Namen von NS-"Größen". Ein Beispiel von völkischem Verwaltungshandeln ist ein rechtsbeugendes Schreiben aus dem Jahr 1938, mit dem sich das Porzer Bauamt über die Gültigkeit von Passagen im notariellen Kaufvertrag des bisherigen Zündorfer Synagogengebäudes hinwegsetzte: "Da sich die vorgenannten Juden gänzlich ausserhalb der Volksgemeinschaft stellen (...), bitte ich (...) die Dispens zu erteilen."[17]

In der Gemeinde mussten im Krieg auch verschleppte ausländische Zivilisten Zwangsarbeit verrichten:

"Zur Beseitigung von Kriegsschäden hat die Verwaltung etwa 100 Holländer eingesetzt.Wenn diese Holländer auch im allgemeinen faul sind, so ist es doch gut, das wir sie haben. Es ist eben eine Sache der Handwerker, darauf zu achten, dass die Holländer arbeiten. Denjenigen Handwerkern, welche es an der erforderlichen Beaufsichtigung fehlen lassen, werden die Holländer entzogen."[18]

Polizei und Gestapo[Bearbeiten]

Seit 1920 war die Polizeiarbeit Sache der Kommunen. Unter der Verwaltung des Bürgermeisters von Porz leitete Polizeikommissar Hubertus Spiegel seit mindestens 1925 bis 1933 die Polizeidienstelle, dann wurde er entlassen. Der Grund: Spiegel hatte während des zeitweisen SA-Verbots im März 1932 die Schließung des SA-Heims in der Mühlenstraße 43-45 durchgeführt. Sein Nachfolger wurde der Polizeileutnant Heinz Vohwinkel, er stammte aus Königswinter, der in Porz die Parteilinie strikt und unnachgiebig mit seinen 14 Beamten durchsetzte. Nach Erinnerungen von Josef Kuttenkeuler war Vohwinkel auch Hilfsbeamter der Staatsanwaltschaft und Beauftragter der Gestapo[19].

In der NS-Zeit wurden aus den bisherigen Landjägerämtern nun Gendamerie-Bezirksämter:

  • Burg Röttgen - Oberwachtmeister Max Köppen (vor 1933 - 1939)
  • Porz, Germaniastr. 7 - Hauptwachtmeister Otto Glatzer (vor 1933 Wahn Schießplatz - 1937)
  • Urbach, Kaiserstraße 83 - Oberwachtmeister Nikolaus Rupp (vor 1933 - 1937) Hauptwachtmeister Reimund Weidemann (1938 - < 1943)
  • Wahn, Cousinenstr. 12 - Hauptwachtmeister Hugo van Hasz (vor 1933 - < 1943)
  • Wahn-Heide, Hermann Göring-Allee 2, ab 1937 Elsdorf, Mauspfad 239 - Hauptwachtmeister Hermann Dern (vor 1933 - 1937)
  • Westhoven, Robertstr. 8 - Hauptwachtmeister Rudolf Seeland (vor 1933 - 1935)
  • Zündorf 216A, Hauptwachtmeister Hermann Giesen (vor 1933 - < 1943)

Zudem gab es in Porz, Eil, Ensen, Heumar und Wahn auch noch Schutzpolizei-Stationen. Die Schutzpolizei allgemein gilt als während der NS-Zeit erheblich an nationalsozialistischen Übergriffen und Verbrechen beteiligt - inwieweit dies auch für die Schutzpolizei im Raum Porz gilt, wäre noch zu erkunden.

Die Kriminalpolizei verfolgte über die Gemeinde hinausreichende Delikte. Für den gesamten Regierungsbezirk Köln, also einschließlich der Gemeinde Porz, bestand seit 1926 eine zentrale Dienstelle beim Polizeipräsidium Köln. Sie wurde 1936 durch eine Kriminalpolizeileitstelle ersetzt, die ab 1942 unabhängig von örtlichen Polizeiverwaltungen agierte.
Auch die Geheime Staatspolizei (Gestapo), entstanden aus der Politischen Polizei und zuständig für den gesamten Regierungsbezirk Köln, war zunächst im Polizeipräsidium Köln untergebracht. Sie "be­weg­te sich in ei­nem weit­ge­hend rechts­frei­en Raum und un­ter­lag bald kei­ner­lei ver­wal­tungs­ge­richt­li­cher oder straf­rich­ter­li­cher Kon­trol­le mehr"[20]. Seit Dezember 1935 befand sie sich im sogenannten EL-DE-Haus am Appellhofplatz in Köln, heute NS-Dokumentationsstelle und Museum. In den Akten des Besatzungsamtes findet sich bislang nur eine Person aus Porz mit Gestapo-Verbindungen: Der Händler Josef Maini[21] in Porz wird als "Gestapo-Strohmann" bezeichnet.

1945 bis 1951[Bearbeiten]

Vordruck Entlassungsschreiben Mai 1945

Am 11. April rückten US-amerikanische Truppen über den Linder Mauspfad in die Gemeinde Porz ein und setzten ihren Weg ohne auf Widerstand zu stoßen bis nach Mülheim fort. Als erste Maßnahme verfügten sie die Entlassung von ihnen als belastet bekannten Gemeinemitarbeitern. Melchior Kurth schaffte es allerdings, sich zunächst als kommissarischer Bürgermeister anzudienen. In dieser Zeit wurden im Rathaus nahezu alle belastenden Akten zum Vorgehen der Porzer Gemeindeämter in der Nazizeit vernichtet. Kurth unterzeichnete Anfang Mai schließlich sogar die Entlassung von 18 seiner bisherigen Parteifreunde - vom Bürgermeister bis zum Hausmeister.

Die Militärverwaltung ernannte jedoch in Porz einen Beirat aus unbelasteten Zivilisten zur Aufrechterhaltung der Zivilverwaltung. Hierdurch wurde auffällig, dass weitere 25 Personen in der Gemeindeverwaltung Nationalsozialisten, die Kurth nicht auf die Liste gesetzt hatte - darunter er selber. Zum 24. Mai 1945 wurden nun auch diese Personen entlassen[22]. Nachfolger als Bürgermeister wurde nun für einige Wochen Herr Schumacher[23]. Er fertigte am 1. Juli im Rathaus Porz für den Landrat zwei Listen: Die erste Liste enthielt 16 Namen von entlassenen Personen, die "wegen ihres Verhaltens nicht als ehemalige Nationalsozialisten anzusprechen sind". Auf der zweiten Liste standen sieben entlassene Personen, die "besonders aktiv in der NSDAP waren und im Dienste nicht behalten werden können." Kurth war die oberste Person auf der zweiten Liste mit dem Vermerk: "K. war die rechte Hande der Nazibürgermeister Oedekoven und Morschel. In der Öffentlichkeit würde es nicht verstanden, wenn er wieder an leitender Stelle erscheinen würde."[24]

Am 21. Juni 1945 wurde das Rheinland Teil der britischen Besatzungszone. Zum Bürgermeister der Gemeinde Porz bestimmten sie das frühere Zentrumsmitglied Robert Olbrich. Olbrich trat sein Amt am 27. Juli 1945 an und setzte 12 Beamte bzw. Angestellte der ersten Liste mit sofortiger Wirkung wieder in Dienst.

Olbricht sollte zudem einen elfköpfigen Beratungsausschuss vorschlagen, in dem unterschiedliche Berufsgruppen repräsentiert sind. Mitglieder waren daraufhin u.a. Hugo Klöter, Frank Griesbach (Prokurist Himmelreich AG), Josef Schunk, Ludwig Schneider (Installateur) und Hellmuth Reidemeister (Vorstand Dielektra).

Nach der Wiederzulassung von Parteien Mitte September 1945 wurden wieder SPD- und KPD-Ortsverbände gebildet, zudem entstand ganz neu die CDU - zwar christlich, aber nicht mehr wie das Zentrum auf den Katholizismus festgelegt. Die Gründungsversammlung der Ortspartei Porz war am Sonntag, den 27. Januar 1946 im Saal des Rheingold-Kinos im Kölner Hof. Den ersten Porzer Gemeinderat ernanten die Briten noch selber - im Bemühen um Ausgewogenheit bestand er aus 15 CDU-Mitgliedern, 9 SPD-Genossen und 6 Kommunisten.

(wird fortgesetzt)

Quellen, Literatur und Links[Bearbeiten]

  • Kuttenkeuler, Josef: Porz nach dem 30. Januar 1933. Maschinenschriftliches Manuskript. Porz 1964. HAStK Best. 9450, A29.
  • Porzky, Eugenie und Jürgen Huck: Politische Strömungen im Raume Porz 1918-1933. In: Rechtsrheinisches Köln, Bd. 1, 1975.
  • Frielingsdorf, Volker: Die Machtergreifung durch die Nationalsozialisten in Porz im Jahre 1933. In: Rechtsrheinisches Köln 7.1981.
  • Roth, Thomas: Die Geheime Staatspolizei Köln. Köln 2021 (Link)
  • Literatur-Tipp: Fleiter, Jürgen: Kommunen und NS-Verfolgung. In: APuZ 2007 (Link)
  1. vgl. Bensberger Vokszeitung v. 24.6.1929
  2. Kuttenkeuler, S.4 (siehe Literaturhinweis)
  3. vgl. HAStK Best. 9001B, A1. Im November 1944 war vermutlich auch die letzte Zusammenkunft.
  4. Ortswalter Porz der DAF Deutschen Arbeitsfront
  5. Leiter der NSDAP-Ortsgruppe Porz
  6. Geschäftsführer der NSDAP-Ortsgruppe Porz
  7. NSV-Ortsgruppenleiter Ensen/Heumar
  8. Leiter der NSDAP-Ortsgruppe Wahn
  9. Polizeiwachtmeister und SS-Hauptscharführer
  10. Fritz Salitter (1882-1963) war ab 1.8.1933 bis 1940 Kommandant des Truppenübungsplatzes Wahn, zuletzt im Rang eines Generalmajors.
  11. Oberstleutnant/Oberst Karl Benczek (1891-1951) war der Nachfolge Salitters als Standortkommandant.
  12. vgl. HAStK Best. 9042, A 55 - Funktion und Zusammensetzung sind unklar
  13. NSDOK - Erlebte Geschichte. Ein dreiseitiger Nachruf auf Melchior Kurth in "Unser Porz" 15.1973, S. 145 handelt dessen NS-Dienstzeit in neun Worten ab: "... am 1. April 1936 Gemeindeoberinspektor und am 1. Februar 1943 Gemeindeverwaltungsdirektor."
  14. Schumacher war bereits im Jahr 1904 als Gemeindesekretär in die Gemeindeverwaltung Wahn eingetreten, 1921 befördert zum Obersekretär. Er gehörte dem Zentrum an und war im Zeitraum 1921 bis 1929 zugleich Beigeordneter der Landbürgermeisterei Wahn, von 1930 bis 1933 der fusionierten Gemeinde Porz. 1930 übernahm er als Bürodirektor bis 1939 die Allgemeine Verwaltung der Gemeinde Porz.
  15. Amtsgericht Köln Az 1a KLs 13/41 -33/ 260/41. Dass er diese Jahre verbüsst hat, ist unwahrscheinlich. 1946 durchlief er ein Entnazifizierungsverfahren.
  16. Morschel hatte ein Ausbildung als Justizsekretär, und war zunächst als Obersteuersekretär bei verschiedenen Finanzverwaltungen tätig. Dann trat er 1931 der NSDAP bei und übernahm 1936 das Kulturreferat der Gaupropagandaleitung. Zuletzt war er Gauhauptstellenleiter in Köln.
  17. Faksimile beim Poller Heimatmuseum
  18. HAStK Best. 9001B A1, Gemeinderatsprotokolle, S. 73
  19. vgl. Kuttenkeuer, S. 18 (siehe Literaturhinweise)
  20. vgl. Thomas Roth, siehe Literaturliste
  21. Er errichtete 1935 in der Bahnhofstraße 30 ein Ladenlokal für seine Obst- und Gemüsehandlung, vgl. HAStK Best. 9030B, A 279 + A 1174
  22. vgl. HAStK Best. 9042, A55
  23. Zu dieser Person ist noch die Vita zu klären.
  24. HAStK Best. 9042, A55, 1.7.45