Die Westhovener Aue und ihre wichtigsten Bauwerke

Die Westhovener Aue, im Hochflutbereich des Rheins gelegen, ist kein idealer Ort um dort zu siedeln oder Bauwerke zu errichten –  Hochwasser ist hier eine fortwährende Gefahr. Dennoch haben Menschen seit Jahrhunderten dieses Areal genutzt und hier auch Bauwerke errichtet. Dieser Beitrag behandelt unter anderen  die Nikolauskapelle, Festungswerke, ein Großprojekt der Gesundheitspflege, Ausflugslokale, die Rodenkirchener Brücke und den Wohnpark Westhoven.

nikolauskapelle

Hochwasser 1948 – die Nikolauskapelle blieb durch ihre erhöhte Lage trocken (Foto: BV-EW)

Seit  1128 – Die Nikolauskapelle

Die älteste nachweisliche neuzeitliche Besiedlung in der Westhovener Aue war der „Weshof“, eine landwirtschaftliche Hofanlage aus dem 10. Jahrhundert. Dieser Hof war der im 11. Jahrhundert gegründeten Benediktinerabtei Deutz zehntpflichtig. Dieser Grundzins wurde in Naturalien oder in bar entrichtet. Im Jahr 1128 entstanden neben dem Hof eine Kapelle und ein Friedhof. Die Kapelle wurde dem Heiligen Nikolaus geweiht – Schutzpatron der Schiffer. Durch ihren Baustil gehört sie zu den 16 romanischen Kleinkirchen im Kölner Raum und ist eines der wenigen noch erhaltenen Beispiele für Kirchenbauten ländlicher Bautradition im Kölner Raum. Der die Kirche umgebende Friedhof ist einer der ältesten Friedhöfe Kölns, wird aber seit 1929 nicht mehr genutzt. In den 1980er Jahren wurde die Kapelle umfassend saniert, sie steht seitdem gemeinsam mit dem Friedhof unter Denkmalschutz.

Der Westhof (später Kielshof genannt) und die Nikolauskapelle liegen beide innerhalb der Westhovener Aue auf einer leichten Erhöhung, die einen begrenzten Schutz vor dem Hochwasser bot. Der Weshof war Ausgangspunkt der Besiedlung des im Auenbereich liegenden Westhovener „Ungerdorps“- unterhalb der heutigen Mainstraße und Oberstraße. Dieser Auenbereich erhielt Hochwasser-Schutzmauern erst in den Jahren 1926 und 2003.

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Das Zwischenwerk 1920 vor seiner Zerstörung (Foto: BV-EW)

Seit  1874  – Das Zwischenwerk IX a als Teil des Festungsgürtels um Köln

Im 19. Jahrhundert wurden unter der preußischen Herrschaft in verschiedenen Stufen ringförmig um die Stadt Köln Festungsanlagen errichtet. Der äußere Festungsring entstand in den 1870/80er Jahren, nach dem deutsch-französischen Krieg, weil sich die Reichweite von Artilleriekanonen deutlich erhöht hatte. Die einzelnen Bauwerke waren durch eine Ringstraße verbunden. Im Linksrheinischen ist dies die heutige Militärringstraße, im Rechtsrheinischen findet sie ihre Fortsetzung in den Straßen “In der Westhovener Aue“, „Porzer Ringstraße“, Gremberger Ring“ und „Vingster Ring“.

Zwei Bauwerke des äußeren Festungsrings entstanden auch in der Westhovener Aue: Das Zwischenwerk IXa liegt etwa 1500m vom Rheinufer entfernt und rund 50m südlich der Straße In der Westhovener Aue.

Zwischenwerk

Reste des Zwischenwerk IXa – heute ein Winterquartier geschützter Fledermäuse (Foto: BV-EW 2013)

Es wurde in den Jahren 1877/1878 erbaut und 1922 geschleift. Die Kehlkaserne blieb jedoch erhalten. Sowohl das deutsche als auch das belgische Militär nutzten die noch intakten Kasematten ab 1936 als Lagerräume. Mit der Renaturierung der Westhovener Aue überließ man die Reste des Bauwerks der Natur. Als neue Bewohner siedelten sich Fledermäuse an, zu ihrem Schutz wurden die Eingänge verschlossen.

Der Infanteriestützpunkt  86 lag etwa am Ende des Poller Wegs südlich der Westhovener Aue. Er wurde erst 1907 errichtet und ebenfalls 1922 geschleift und dabei vollständig zerstört. Mit dem Bau der Unverzagt Kaserne wurden auch seine Fundamente beseitigt.

Seit 1913 – Das Werkmeisterhaus der geplanten Krankenanstalten Poll

An der Anschlusstelle Porz/Poll der A4 Richtung Heumarer Dreieck steht mit der Adresse Kölner Straße 501 heute einsam ein von den Straßen umzingeltes Haus.  Es ist das einzige Bauwerk, das an ein Großbauprojekt der Stadt Köln aus dem Jahr 1911 erinnert.

Werkmeisterwohnung

Ein Relikt großer Pläne – 1914 als Werkmeisterhaus vorgesehen (Foto: BV-EW 2022)

Damals sollte im Bereich Kreuzau / Siegburger Straße ein großer Gesundheitskomplex entstehen: Die Planungen umfassten ein weiteres städtisches Krankenhaus, ein gestiftetes Altersheim (Gebrüder Coblenz-Stiftung) und ein gestiftetes Erholungsheim (Compes-Stiftung) für tuberkolosebedrohte Kölner Kinder. Die Planungen umfassten auch einen Gleisanschluss an die Kleinbahn Köln Porz sowie eine Verbindungsstraße zum Rheinufer. Das für den Bau des Krankenhauses vorgesehenen Gelände hatte eine Größe von 125 Morgen und gehörte teilweise der Stadt Köln und teilweise der Gemeinde Porz. Allerdings konnte nur der Bau des Werkmeisterwohnhauses 1914 noch ausgeführt werden. Der Erste Weltkrieg und später auch Zweifel an der Eignung des Standortes ließen das gesamte Projekt jedoch scheitern. Das Werkmeisterwohnhaus ist heute im Besitz der Autobahn GmbH. Es beherbergt nach Aussagen der Bewohner mehrere Dienstwohnungen sowie ein Archiv.

Seit 1912 – Das Poller Fischerhaus und seit 1920 Das Wiesenhaus

Über die Westhovener Aue als Erholungsgebiet ist hier bereits ein Beitrag erschienen. Mit dem Bau der Südbrücke 1906-1910 verbesserten sich für Kölner Bürger die Möglichkeiten, auch auf dem rechten Rheinufer spazierenzugehen. Aus einem Geräteschuppen der Poller Fischer entwickelte sich ein Ausflugslokal. Nicht weit vom Poller Fischerhaus entfernt entstand in den 20 Jahren das  „Luftbad Wiesenhaus“. Auch diese Naherholungsstätten litten unter dem Bau der Pionierkaserne und der damit verbundenen Schließung des Leinpfads. Durch deren Öffnung 1995 erlebte das Wiesenhaus als Gaststätte und Campingplatz einen neuen Aufschwung. Beide Gaststätten stehen in unmittelbarer Rheinnähe ohne besonderen Hochwasserschutz. Bei Hochwasser wird das Fischerhaus teilweise überflutet. Das Wiesenhaus ist heute zweigeschossig, so dass man sich auf das Obergeschoss zurückziehen kann.

pionierhafen

Luftaufnahme mit Pionierhafen 1953 (Foto: BV-EW)

1940 Der Pionierhafen – ein letztes Relikt der Pionierkaserne

Bei dem Pionierhafen handelt es sich um eine kleinere Hafenanlage, die im Zusammenhang mit der Pionierkaserne „Unverzagt“ Ende der 1930er Jahre angelegt wurde. Der Hafen besteht aus einem Hafenbecken von 100 x100 m mit einer schmalen Zufahrt zum Rhein. An drei Seiten des Beckens führen Steintreppen zum Wasserniveau hinunter. Im Hafenbecken selbst waren für die Pionierkaserne Schiffskörper für einen Schiffsbrückenbau gelagert. Bei Übungen konnte mit diesen Elementen eine Rheinüberquerung erbaut werden.

Heute wird der Hafen als Lagerort für ausgebaggerten Rheinkies verwendet. Dadurch versandet er immer stärker. Auch der Baubewuchs drängt immer weiter in das versandete Becken hinein, sodass vom ursprünglichen Hafenbecken kaum noch etwas zu erkennen ist.

Rodenkirchener Autobahnbrücke

Der rechtsrheinische Torso der zerstörten Brücke 1949 (Foto: BV-EW, Archiv KStA Porz)

Seit 1939 – Die Rodenkirchener Brücke  – eine einschneidende Verbindung

Die Autobahn A4  bildet mit dem östlichen Brückenkopf der Rodenkirchener Brücke das größte Bauwerk in der Westhovener Aue. Sie schneidet den nördlichen Teil des geographischen Gebietes der Aue von dem Kerngebiet Aue ab. Ein Zugang zur Aue von Norden her ist nur über den Leinpfad unterhalb der Rodenkirchener Brücke und durch eine Unterführung am Westhovener Weg möglich. Beide Durchgangswege sind nur für Fußgänger und Radfahrer vorgesehen. Von der Gesamtfläche der Aue nimmt das Autobahngelände, mit Brückenkopf und Auffahrt eine Fläche von ca. 10 ha ein.

In den 1930er Jahren entstand die Idee einer transeuropäischen Straße, die von London bis Istanbul führen und im Süden Kölns den Rhein überqueren sollte. Die Rodenkirchener Brücke wurde 1941 als Teilstück zwischen dem Autobahnkreuz Süd und der Verbindung mit der bereits bestehenden Autobahn Duisburg-Frankfurt fertiggestellt. Die schlanke und elegante Hängebrücke hatte in der Fahrbahnmitte einen Fußgänger- und Fahrradweg, den man über einen Tunnel in den Brückenköpfen erreichen konnte. Bombentreffer zerstörten die Brücke am 28.Februar 1945. Von 1952 bis 1954 wurde sie wieder aufgebaut und Ende 1954 erneut eröffnet. Die Anschlussstelle Porz/Poll besteht zusammen mit dem vierspurigen Ausbau der Kölner Straße seit 1965. 1992 erfolgte eine Erweiterung der Autobahnbrücke auf sechs Fahrspuren.

Seit 1973 – Der Wohnpark Westhoven.

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Der Wohnpark 1978, rechts und im Hintergrund die Westhovener Aue (Foto: BV-EW)

Mit dem Bau des Wohnparks vollzog sich für Westhoven ein wichtiger Schritt des Wandels: Das ehemalige Gewerbegebiet wurde zum attraktiven Wohngebiet am Rhein. Die Gerling-Versicherung errichtete 1973 auf dem Gelände der ehemaligen Ziegelei 25 Häuser in unterschiedlicher Höhe mit sechs bis 16 Etagen, die wiederum in drei separaten Gebäudeblocks gegliedert sind. Außer den 573 Wohnungen gibt es im Wohnpark Westhoven noch sechs Gewerbeeinheiten und ca. 550 PKW-Stellplätze. Die Fläche des Grundstücks beträgt ca. 46.500 qm. Die Wohnfläche umfasst insgesamt ca. 52.500 qm.

Aufgrund der Lage im Hochflutgebiet des Rheins ist die gesamte Gebäudeanlage nicht unterkellert. Sie steht auf einem Beton-Pfeiler-Stützwerk im Rheinkies der Westhovener Aue. Deshalb befinden sich die Kellerräume, Garagen und sonstigen Funktionsräume auf dem Niveau der jeweiligen Eingangsebene. Die eigentlichen Wohn-Etagen beginnen jeweils erst ab dem ersten Obergeschoss.

Weitere  Bauten und Einrichtungen in der Aue

An der nördlichen Ausfallstraße von Westhoven, in unmittelbarer Nähe zur Anschlussstelle der A4 befindet sich der „Cologne Sportpark“, der diverse Möglichkeiten für Indoor – und Outdoorsport bietet. Zwischen dem Grundstück des Sportparks und der Kölner Straße verläuft die Hochwasserschutzmauer.

Auch zwei Kleingartenanlagen nördlich und südlich der Autobahn A4 zählen zum Gebiet der Aue. Sowohl der Kleingärtnerverein Köln Poll e.V. als auch der Kleingartenverein Westhovener Aue nutzen den fruchtbaren Boden des Überschwemmungsgebiets.

Am Weidenweg schließlich bestehen Gebäude, für die kein Hochwasserschutz existiert, von denen sich einige jedoch auf das Hochwasser eingerichtet haben, in dem sie das ebenerdige Geschoss nur als Garage oder Abstellraum nutzen.

Ein Artikel des Projekts „Geschichte der Westhovener Aue“.

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  •  Den folgenden Artikel (Beitrag 7) finden Sie hier.

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