Jüdische Gemeinde
Juden im Porzer Raum[Bearbeiten]
Infolge der mittelalterlichen Pogrome und der endgültigen Ausweisung 1424 entschlossen sich wohl viele der Kölner Juden zur Auswanderung in osteuropäische Länder. Nur wenige blieben in der Umgebung und wurden vorwiegend im Rechtsrheinischen (Deutz, Mühlheim, Zündorf) sesshaft. Später entstanden so neue kleine Gemeinden, die mit den Jahren heranwuchsen. Dort fühlten Juden sich unter dem Schutz des Erzbischofs Dietrich von Moers (1414-1463) in Sicherheit. Jahre später wanderten wieder einige jüdische Familien aus dem Rechtsrheinischen nach Köln zurück und bauten das Viertel wieder auf.
Jüdisches Leben in Zündorf[Bearbeiten]
Das Gemeindeleben bis 1933[Bearbeiten]
Vermutlich im 17. Jahrhundert kamen die ersten jüdischen Familien nach Niederzündorf. Die erste dokumentierte Erwähnung findet sich 1708 durch die Bestattung des Zündorfer Isarchar am 2. Juli auf dem Judenfriedhof Deutz. Um 1713 sollen die Vorfahren von Andreas Salomon in ihrem Haus in Zündorf einen Betraum eingerichtet haben, der damals der Synagogengemeinde von Mülheim, und diese wiederum dem Oberrabiner zu Düsseldorf unterstand. Für das 18. Jahrhundert sind Juden in Zündorf als Haus- und Grundbesitzer zu finden. Einen größeren Wirkkreis hatte der Kaufmann Andreas Salomon (Salm), er vergab zwischen 1800 und 1820 an verschiedene Personen in Langel, Eil und Umgebung Kredite, die über die Verpfändung von Häusern abgesichert wurden. Salomon findet sich 1802 auch auf der Liste der Industriantensteuer, ebenso der Metzger Moses Cain (Kahn) aus Niederzündorf, beide in der sechsten von zehn Klassen. In den Personenstandsbüchern lassen sich jüdische Familien erst ab 1811 nachweisen, in Niederzündorf waren es zu dieser Zeit fünf Familien mit 28 Personen, deren polizeiliche Beaufsichtigung die Obrigkeit forderte. 1817 unterstellte der preußische Oberpräsident die Mülheimer Gemeinde der Obersynagoge zu Bonn, 1840 löste das Bonner Konsitorium diese Verbindung wieder.
Im Jahr 1853 wurde auf Betreiben des Landrats und auf der Basis eines 1847 erlassenen preußischen Gesetzes die Synagogengemeinde des Kreises Mühlheim mit den beiden Spezialgemeinden Mühlheim und Zündorf gebildet, für die aus dem Kreis der Gemeindemitglieder jeweils ein Vorsteher gewählt wurde. Zündorf umfasste dabei die Gebiete der Bürgermeistereien Heumar, Wahn und Rösrath. Doch nur in der Stadt Mühlheim und in Zündorf wohnten zu dieser Zeit in der rechtsrheinischen rheinnahen Region mehrere jüdische Familien. In den nächsten Jahrzehnten waren die Familien in Zündorf weiterhin wesentlich in den Berufen Viehhändler, Metzger und Kaufmann tätig, die Zündorfer Familie Lazarus Mayer [Meyer] und die Ensener Familie Abraham Wallach übten zudem auch im Dorf Porz das Metzgergewerbe aus.
Ab Herbst 1886 wurde in Zündorf auf Gemeindekosten jüdischer Religionsunterrricht gegeben, 1911 war dies nur noch eine Beihilfe.[1].
Ab dem Jahr 1903 wurde die Aufteilung der rechtrheinischen Gemeinden verändert: Nun gab es zum einen den Stadtkreis Mülheim am Rhein und zum anderen de Landkreis Mühlheim am Rhein, der nun neben Heumar, Wahn und Rösrath auch das Gebiet der Bürgermeistereien Merheim, Gladbach, Bensberg und Overath umfasste. Die Industrialisierung des 20. Jahrhunderts brachte der jüdischen Gemeinde neue Mitglieder, aber keinen großen Wohlstand. Denn die wohlhabenden jüdischen Fabrikanten (z.B. Dülken, Meirowsky) wohnten nicht im Umfeld ihrer Porzer Fabriken, sondern im linksrheinischen Köln. 1928 hatte die Landkreisgemeinde in der Bürgermeisterei Heumar 40 und in Zündorf 75 Einwohner, darunter 11 schulpflichtige Kinder. Einen Rabbi gab es hier nicht.
Die Synagoge[Bearbeiten]


Jüdische Gottesdienste fanden zunächst in privaten Wohnhäusern statt, später etablierte sich ein fester Betsaal in einem Wohnhaus, der bereits als Synagoge bezeichnet wurde. Im Jahr 1870 konnten an Festgottesdiensten auch in Wahnheide gefangen gehaltene jüdische französische Soldaten teilnehmen (siehe Meldung). Die Gemeinde wuchs, daher begann 1878 die Sammlung von Geld für einen Neubau. Das Grundstück an der Hauptstraße in Zündorf[2] erhielt die Gemeinde zu einem niedrigen Vorzugspreis von ihren Mitgliedern Lazarus Meyer und Simon Salomon. 1880 begannen die Bauarbeiten, errichtet wurde ein Einraumhaus in massiver Ziegelsteinbauweise mit drei hohen großen und zwei kleinen runden Fenstern nach Westen. Am 18. August 1882 wurden die Thorarollen aus dem benachbarten Bethaus überführt und die Synagoge in einer großen Feier durch den Kölner Rabbiner geweiht. Nach 40 Jahren Nutzung durch die Gemeinde war das Gebäude eingangs der 1920er Jahre renovierungsbedürftig.
Die Entwicklung der Gemeinde wurde durch die nationalsozialistische Machtübernahme 1933 jäh unterbrochen, zunehmende Restriktionen lähmten das Gemeindeleben, damit brachen auch die Einkünfte der Gemeinde weg. Ab Herbst 1937 bot sie daher die Synagoge zum Verkauf an, der im Februar 1938 unter NS-Recht stattfand. Das Gebäude wurde zum Wohnhaus umgebaut und war nicht mehr als früherere Synagoge erkennbar. Die Hausbesitzer hatten sich dabei über die religiös begründete Bedingung der jüdischen Gemeinde beim Verkauf hinweggesetzt, keine Fenster in Richtung der Schlachterei Salomon einzubauen. Auch der amtliche Einspruch des jüdischen Nachbarn Salomon wurde zurückgewiesen. Erst durch einen Nachbarschaftsstreit um 1960 urteilte das zuständige Gericht, diese Fenster müssten vor einem erneuten Verkauf verschlossen werden. Heute trägt das Gebäude die Adresse Hauptstraße 159.

Der Zündorfer Jüdische Friedhof[Bearbeiten]
Das Bestreben der Jüdischen Gemeinde, ihre Toten nicht in Deutz oder gar linksrheinisch, sondern in Zündorf zu bestatten, führte zu einem Friedhof in der Nähe der heutigen Poststraße unmittelbar neben den Kleinbahn-Gleisen. Beerdigungen fanden hier zwischen 1923 und 1938 statt. Die letzte Beerdigung fand Anfang März 1942 statt - am 27.02.1942 war Albert Salomon gestorben. Im selben Jahr erwarb die Gemeinde Porz den Friedhof gegen eine Zahlung von 750 Reichsmark, was 1944 rechtlich unvollständig realisiert wurde. 1950 ging der Friedhof in jüdischen Besitz über, seit 1960 gehört er der neu entstandenen Jüdischen Gemeinde Köln.
Die Auslöschung der Gemeinde 1933 bis 1945[Bearbeiten]
Die nationalsozialistische Gewaltherrschaft brachte eine zunehmende Diskriminierung, den Boykott jüdischer Geschäfte, die Einschränkung von Bürgerrechten und schließlich die Deportation der Juden auch im Raum Porz. Die Porzer Bevölkerung unterschied sich in ihrem Verhalten nicht von der übrigen Bevölkerung. Auch hier rief die SA ab Mitte 1933 zum Boykott jüdischer Geschäfte auf und brandmarkte deren "arische" Käufer. Allerdings gab es hier 1938 keine Novemberprogrome, sondern "nur" ein eingeworfenes Schaufenster beim Zündorfer Metzger Albert Salomon (+ 1942 in Zündorf) in der Marktstraße 7. 1937 fanden sich jüdische Bürger mit ihren Adressangaben und Telefonnummern noch im gedruckten Adressverzeichnis für Porz, 1939 dann nicht mehr. Im März 1938 waren die jüdischen Gemeinden keine Körperschaften des Öffentlichen Rechts mehr, sondern nur noch rechtsfähige Vereine. Im November 1942 löschte das Amtsgericht Köln die dortige Synagogengemeinde aus dem Vereinsregister.
Erst im Jahr 2004 konnte im Porzer Raum ein neuer Treffpunkt jüdischen Lebens geschaffen werden. Ermöglicht wurde dies durch den Zuzug einer großen Zahl von russischsprachigen Zuwanderern aus den ehemaligen GUS-Staaten im Zeitraum 1990 bis 1996 nach Porz-Finkenberg, darunter auch rund 600 Personen jüdischen Glaubens. Dieses Begegnungszentrum wurde im Jahr 2005 durch die Stadt Köln als Interkulturelles Zentrum anerkannt.
Liste der ermordeten jüdischen Deutschen aus Zündorf und Umgebung[Bearbeiten]
Deportationen im Oktober 1941
- Albert Brünell (1901-1942) und Ehefrau Melanie, geb. Mayer (1907-1942); Am Markt 6 (Stolpersteine)
- Leo Mayer (1904-1941), Ehefrau Klara, geb. Brünell (1903-1942) und Tochter Ruth Mayer (1933-1941); Am Markt 6 (Stolpersteine)
Deportationen im Juni 1942
- Emma Cahn (1882-1942); Hauptstraße 22, zuletzt Köln, Salierring 12 ([Stolperstein])
- Henriette Cahn (1878-1942); Hauptstraße 22 (Stolperstein)
- Fanny Kaufmann, geb. Isaak (1889-1942) und Sohn Erich Kaufmann (1912-1942); Keimergasse 9
- Herbert Nathan (1913-1942), Ehefrau Rosetta, geb. Kaufmann (1915-1942) und Sohn Gerson Kaufmann (1940-1942); Keimergasse 9
- Karoline Salomon (1872-1942); Marktstraße 7 (Stolperstein)
- Albert Tobias (1878-1942) und Ehefrau Bertha, geb. Hermann (1884-1942); Hauptstraße 341, damals Nr. 51 (Stolpersteine)
- Isaak "Isidor" Tobias (1870-1942 im Sammellager Köln-Müngerdorf); Marktstraße 7, ab 1937 wohnhaft Hauptstraße 48.
- Jenny Recking, geb. Macholl (1867-1944); Kaiserstraße 59 (Stolperstein)
Deportationen 1945
- Salomon Cahn (1881-1945); Hauptstraße 22 ([Stolperstein])