Verunreinigung mit per- und polyfluorierten Chemikalien (PFC) – Brief an die Stadtverwaltung Köln
Offener Brief
Sehr geehrter Herr Peschen,
sehr geehrte Damen und Herren,
der Urbacher Bürgerverein e.V. wendet sich heute stellvertretend für viele besorgte Bürgerinnen und Bürger an Sie, nachdem vielen Anwohnern in unserem Ortsteil Ihr Brief zur Untersagung der Grundwasserförderung und -nutzung aufgrund einer Verunreinigung mit per- und polyfluorierten Chemikalien (PFC) zugegangen ist. Darüber hinaus sorgte auch ein entsprechender Bericht in der WDR-Lokalzeit vom 8. April 2020, in dem Sie sich als Leiter des Umweltamtes der Stadt Köln zu dem Thema äußerten, für Verunsicherung unter den Betroffenen.
Auf der Homepage der Stadt Köln findet man die entsprechenden Ausführungen zur o.g. Allgemeinverfügung. Hierin erklären Sie, dass die Quelle für die massive Schadstoffbelastung des Grundwassers auf dem Gelände des Flughafens und der Kaserne lokalisiert werden konnte und im Wesentlichen auf den Einsatz von Löschschäumen bei Löschübungen zurückzuführen ist. Weiter heißt es, dass der Flughafen Köln/Bonn daraufhin mehrere Sanierungsanlagen für das Grundwasser betreibt und abnehmende Konzentrationen von PFC im Grundwasser erste Sanierungserfolge belegen würden. Im Hinblick auf die langsame Fließgeschwindigkeit des Grundwassers ist davon auszugehen, dass die Grundwasserverunreinigung viele Jahre andauert. So ist zunächst für einen Zeitraum von 15 Jahren die Grundwassernutzung in unserem Ortsteil weitgehend untersagt, um die Schadstoffverteilung in den Böden und in der Nahrungskette zu verhindern.
Per- und polyfluorierte Chemikalien (PFC) werden synthetisch hergestellt und sind sehr langlebige Schadstoffe, die nur extrem langsam abgebaut werden. Dadurch können sie sich leicht z.B. in Nahrungsmitteln anreichern und so in die Nahrungskette gelangen und daher von Menschen aufgenommen werden. PFC wird als fortpflanzungsgefährdend eingestuft und steht im Verdacht, oberhalb einer bestimmten Dosis kanzerogen zu sein.
Bei uns in Porz wurden an mehreren Grundwassermessstellen deutlich erhöhte Messwerte (bis zu 1,2 µg/l) für PFC nachgewiesen. Der allgemeine Versorgungswert liegt bei 0,1 µg/l. Es liegt also eine Überschreitung des Grenzwertes um mehr als das Zehnfache vor!
In Porz-Urbach befinden sich Siedlungsbereiche mit vielen Hausgärten, in denen sich Brunnen zu Bewässerungszwecken befinden. Wir müssen also davon ausgehen, dass in den letzten Jahren das verunreinigte Grundwasser zur Bewässerung von angebautem Obst und Gemüse genutzt wurde und damit PFC in die Nahrungskette gelangt ist und vom Menschen aufgenommen wurde.
In den letzten Jahren wurde seitens Ihres Amtes, auf Anfrage von verschiedenen Seiten, jeweils mitgeteilt, dass von der bestehenden Grundwasserverunreinigung keine Gefährdung ausgehe. Gegenwärtig sind wir doch sehr verwundert und besorgt, dass diese Aussage nun revidiert wird.
Im Hinblick auf das Umweltinformationsgesetz Nordrhein-Westfalen bitten wir Sie deshalb um die Beantwortung folgender Fragen:
1) In welchem Zeitraum erfolgte die Verunreinigung des Grundwassers durch Löschschaum auf dem Gelände des Flughafens und der Kaserne?
2) Fließt der Grundwasserstrom – und damit die Schadstofffahne- unterhalb des Rheins entlang, so dass der Stadtteil Hahnwald hierdurch belastest wird? Oder gibt es noch weitere Schadstoffquellen?
3) Seit wann sind Ihnen die Verunreinigungen des Grundwassers mit PFC in unserem Ortsteil bekannt?
4) Seit wann ist Ihnen die Überschreitung des Grenzwertes von 0,1 µg/l bekannt?
5) Warum wurden die Anwohner erst jetzt informiert?
6) An welchen Grundwassermessstellen wurden die Werte gemessen?
7) In welchen Zeitintervallen werden in Zukunft die Verunreinigungen gemessen und kontrolliert?
8) Wurden auch Bodenproben auf PFC untersucht?
9) Wie schließen Sie eine Schädigung von hier lebenden Menschen aus. Sind Blutuntersuchungen geplant?
10) Angesichts immer ausgedehnterer Trockenperioden in den Frühjahrs- und Sommermonaten reicht das Auffangen von Regenwasser zur Gartenversorgung oftmals nicht mehr aus. Welche Alternativen zur Bewässerung der Hausgärten empfehlen Sie den Anwohnerinnen und Anwohnern derzeit?
11) Gibt es seitens der Stadt Köln konkrete Überlegungen, beim Einsatz von Trinkwasser zur Bewässerung der Gärten den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern nicht allein eine Gebührenreduzierung bei den Schmutzwasserabgaben zu gewähren, wie es die StEB bereits anbietet, sondern auch eine reduzierte Berechnung des verbrauchten Trinkwassers durch die RheinEnergie?
12) Werden außer den Sanierungsanlagen des Flughafens noch weitere Schritte zur Dekontamination des Grundwassers unternommen?
13) Seit wann sind die Sanierungsanlagen des Flughafens in Betrieb und um welches Ausmaß konnte der Wert für PFC gesenkt werden (Bitte Angabe von genauen Werten)?
14) Werden die Kosten zur Sanierung des Grundwassers vollständig vom Flughafen übernommen, oder wer sonst trägt die Kosten für die Dekontamination?
15) Auf welche geschätzte Gesamtsumme belaufen sich die Kosten?
Aus unserer Sicht sollte zeitnah eine ausführliche Information mit genaueren Angaben an die betroffenen Haushalte ergehen, um die Beunruhigung der hier lebenden Bürgerinnen und Bürger nicht noch mehr zu erhöhen.
Das Thema wird uns angesichts der Dauer des Entnahmeverbots noch über sehr lange Zeit begleiten. Sollte es daher die zukünftige Entwicklung der Corona-Krise wieder zulassen, öffentliche Veranstaltungen abzuhalten, sind wir als Urbacher Bürgerverein auch gerne bereit, einen Info-Abend zu diesem Thema hier vor Ort abzuhalten.
Haben Sie im Voraus herzlichen Dank für Ihre Mühe.
Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
In Erwartung einer zeitnahen Antwort verbleiben wir
mit besten Grüßen
Simin Fakhim-Haschemi Jochen Reichel
- Vorsitzende 2. Vorsitzender