Gartenstadt Westhoven

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Vorgeschichte[Bearbeiten]

Die Gartenstadtbewegung begann mit einem Buch: Der britische Genossenschaftssozialist Ebenezer Howard plädierte in "Garden Cities of To-morrow" um 1900 für die Gründung neuer grüner Städte im Umland von Metropolen, auch mit dem Effekt einer Gesellschaftserneuerung. Die große Resonanz führte in England zur einem Gartenstadtverband und 1903 bereits zu einer ersten Stadtgründung. In Deutschland knüpfte die Idee an die Gründung von Villenkolonien an. 1902 gründete sich die Deutsche Gartenstadt-Gesellschaft (DGG), ihre Mitglieder wurden sogleich im Umfeld deutscher Großstädte aktiv. Ab 1906 gab es auch in Köln immer wieder Gastvorträge des Generalsekretärs der DGG, Hans Kampffmeyer. Mit der Vielzahl der Projekte verschwamm die Begriffsverwendung "Gartenstadt" immer mehr und entfernte sich zugleich von dem Ziel völlig neuer Wohnsiedlungen in genossenschaftlicher Trägerschaft - nun waren die Protagonisten häufig liberale Bürgerliche.

Westhoven - vor den Toren Kölns[Bearbeiten]

Franz Zilkens (1847-1915) hatte als Kaufmann und Bauunternehmer Ausgangs des 19. Jahrhunderts Köln-Ehrenfeld zu einem gehobenen Wohngebiet ausgebaut. Der Großgrundbesitzer war auch lokalpolitisch als Stadtverordneter für die Kölner Zentrumspartei aktiv. In Westhoven plante er ab dem Jahr 1910 eine ganze Gartenstadt in der Hoffnung, ein rechtsrheinisches Marienburg zu schaffen. Hierzu gründete Zilkens im März 1910 gemeinsam mit dem Kölner Ziegeleibesitzer Robert Baumeister die Kommanditgesellschaft Zilkens, Baumeister & Co. KG mit Sitz in Köln-Ehrenfeld als Bauunternehmen und Grundstücksverwertung. Diese Firma kaufte im selben Monat von der Familie Engels den Engelshof in Westhoven mit 600 Morgen Land (1,5 qkm) und gründete hier eine Zweigniederlassung:

Westhoven, 15. März 1910. Der große 600 Morgen fassende Engelshof ist in den Besitz eines Kölner Konsortiums übergegangen. Wie wir erfahren, sind daselbst großzügige Anlagen geplant. Eine ganze Reihe von Straßen dürften auf Kosten des Unternehmens ausgebaut werden. Bei dem Projekt wird vor allem das Gelände zwischen dem Bahnhofe Westhoven und dem Orte selbst berücksichtigt werden. Gleichzeitig dürfte damit auch die Kanalisierung dieses Teiles unserer Gemeinde erledigt werden. Tritt dann noch der von der elektrischen Bahn wohl demnächst zu eröffnende Güterverkehr in Kraft, dann sind damit alle Bedingungen gegeben, um auch ein frisches Aufblühen der Orte Westhoven und Ensen zu garantieren[1]."

Nach heutigem Kenntnisstand umfaßte die Fläche ein Gebiet, ausgehend vom Rhein (etwa Ecke Weidenweg/Robertstraße) in nördlicher Linie bis zur Kölner Straße (Höhe Kasernenzufahrt) und weiter in nordwestlicher Linie bis zur südlichen Eisenbahntrasse. Von hier aus bis zur Flurgrenze von Ensen, dann etwa längs der Victoriastraße an der Flurgrenze nach Ensen entlang bis zur Oberstraße und weiter entlang der Mainstraße und Neckarstraße zum Rhein. In diesem Gebiet lagen auch Flächen und Häuser, die weiterhin den alteingesessenen Westhovenern gehörten. Ein Kerngebiet links und rechts der Nikolausstraße, rund um den Engelshof, südlich der Kölner Straße und entlang der Berliner Straße war zu dieser Zeit faktisch unbebaut und gehörte der Gesellschaft vollständig.
Baumeister hatte schon Erfahrungen mit der Gründung neuer Wohngebiete durch die Vermarktung des Villenviertels Kölner Stadtwald zu Beginn des Jahrhunderts.

Eine Gartenstadt vor den Toren Kölns
In der gestrigen Versammlung des Bürgervereins Köln-Deutz ... wurden nähere Mitteilungen über die großzügige Anlage der Gartenstadt Westhoven durch die Baugesellschaft Zilkens, Baumeister u. Co. an Hand einer vorliegenden genauen Karte gemacht, die großes Aufsehen erregten. Die gesamten Straßenanlagen, die Kanalisation usw. erhalten, sind mit Buamreihen nach Art von Alleen bepflanzt, am Rheinufer entlang zieht sich ein schöner Promenadenweg. Von der Baugesellschaft wird der Güterbahnhof Westhoven an der Porzer Kleinbahn gebaut, ferner sind Schrebergärten, Kinderspielplätze, Badestrand usw. vorgesehen und schon große Baugrundstücke für spätere Kirchen- und Schulbauten freigehalten. Die Grundstückspreise schwanken zwischen 8, 9, 10, 12 und 15 Mark für einen Quadratmeter straßenbaukostenfreies Baugelände.
Die Baugesellschaft, welche sich der Förderung ihres Unternehmens durch die Bürgermeisterei Heumar erfreut, macht die ganze Anlage auf ihre Kosten und Gefahr; nur zu der Anlage der prächtigen Promenadenallee am Rheinufer entlang muß Heumar die Hälfte der Auslagen beisteuern. Die Gartenstadt entsteht auf dem nördlich und östlich vom Kielshof und Eggershof liegenden Gelände; mehrere prächtige Villen sind schon dort errichtet und auch die Bautätigkeit für die Herstellung der Kleinwohnungen hat schon eingesetzt. Wie in der Versammlung mitgeteilt wurde, hat die Firma Schütte für Arbeiterwohnungen 11 Baugrundstücke in der Gartenstadt bereits erworben.[2]
Anzeige im Kölner Lokal-Anzeiger, wiederholt ab 18.11.1911 bis März 1912

Auf der ersten Sitzung des Gemeinderats im neuen Porzer Rathaus fand im August 1910 der durch die Firma Zilkens, Baumeister & Co. vorgelegte Plan zur Errichtung einer Villenkolonie Zustimmung, bereits seit Mai 1910 gab es hierzu auch Zeichnungen. Die Gemeinde war auch bereit, einen verbindlichen Bebauungsplan aufzustellen, der zu einem neuen Straßennetz im Westhovener Norden geführt hätte. Hierzu tauschte die Gemeinde auch Grundstücke mit der Firma. Im Nachgang zu Presseveröffentlichungen gab es einen erheblichen Schriftwechsel besonders mit der Festungskommendantur und der Stadt Köln, die in die Planungen eingebunden werden wollten. Die Kommandantur befürchtete Beeinträchtigungen ihres Festungsrayons, die Stadt Köln Beeinträchtigungen ihrer Vorort-Kleinbahn und des geplanten Güterbahnhofs der Vorortbahn in Westhoven. Die öffentliche Bekanntmachung des Bebauungsplans "für den nördlichen Teil von Westhoven, zwischen der Gemarkungsgrenze Ensen, dem Festungsrayon, der Nikolausstraße und Oberstraße" erfolgte im April 1911. In diesem Monat wurde zudem die Übernahme von 50 Prozent der Kosten für eine Rheinpromenade von 500 Meter Länge auf einer Höhe von 6,5 Meter Kölner Rheinpegel durch die Gemeinde bewilligt. Im Straßenbauvertrag vom 19.12.1911 verpflichtete sich die Baufirma, das Straßennetz binnen fünf Jahren mit 6m breiten Straßen und 2m breiten Bürgersteigen anzulegen. Im April 1912 erscheint ein sehr zweifelhafter Zeitungsartikel mit der Behauptung, es gäbe eine "riesige Nachfrage nach Grundstücken und einen "enorme(n) Verkauf von Parzellen".

Zu den erworbenen Immobilien gehörte auch der Kielshof, den die Firma in den Jahren 1910/11 zu einer Ausflugsgaststätte umbaute. Zur besseren Erreichbarkeit von Kieshof und Gartenstadt gründeten F. Zilkens und R. Baumeister mit einem Stammkapital von 40.000 Mark die Kölner Motorbootfahrt mbH in Ehrenfeld, ihre Boote konnten 100 Personen fassen und pendelten zwischen dem Malakoffturm und Westhoven. Im November 1912 hatte die Firma zudem eine Genehmigung zum Bau einer Feldbahn von der "Kölnerstraße von Westhoven bis zur Baustelle der stadtkölnischen Krankenanstalten bei Poll" erhalten, die Anfang Februar 1913 erweitert wird auf die Verlegung eines Förderbandgleises "auf dem Verbindungswege zwischen Militärringstraße und Westhovener Kirchweg".[3] Die Strecke sollte für die Einrichtung eines Bauzugs genutzt werden.

Bautätigkeiten und Ende des Villenprojektes[Bearbeiten]

Die in den Jahren 1912 bis 1916 im Areal der vorgesehenen Gartenstadt erfolgte Wohnbebauung blieb sehr begrenzt. Als repräsentative Gebäuden entstanden in diesem Zeitraum die Villa Mannesmann und das Landhaus Weiss. Zu den neu angelegten Straßen gehörte die Robertstraße, in ihr errichteten zu dieser Zeit Wohnhäuser: Nr. 2 - Paul Schwarz; Nr. 4 - Josef Meyer; Nr. 15 - P. Reinhold.

Bereits Anfang Juni des Jahres 1914 entfernte sich die Gesellschaft von ihren Plänen für eine Gartenstadt, indem sie 150 Morgen und damit einen großen Teil ihres Geländes an die Rheinkies- und Sandbaggereigesellschaft verpachtete. Zur Erschließung wurde eine Gleisanlage vom Rhein bis zum Bahnhof Westhoven gebaut. Der Beginn des Ersten Weltkriegs im Juli 1914 stoppte die Realisierung der Villenkolonie, nun wurden nahezu keine Bauanträge mehr bewilligt. So wurde das Baugesuch für ein großzügiges Wohnhaus auf der Westseite der Oberstraße (Flur 6, 615/44) nicht bewilligt. Am 11. April 1915 starb Franz Zilkens überraschend im Alter von 67 Jahren. Der Kaufmann hinterließ eine Konkursschuld von rund 184.000 Mark. Durch den Kriegsbeginn hatte er große Einnahme-Ausfälle hinnehmen müssen, Grundstücksverkäufe waren unmöglich geworden. Von der Eröffnung des Konkurs war auch die Baugesellschaft in Westhoven betroffen, deren Erträge in die Konkursmasse flossen. Über diese Gesellschaft wurde bereits im April 1916 der Konkurs eröffnet, ihre Auflösung erfolgte im September 1916. Bereits im März 1916 löste sich die Kölner Motorbootfahrt mbH auf. Damit waren die Gartenstadtpläne gescheitert.

Die meisten Grundstücke der Gesellschaft in Westhoven wurden über drei Firmen von der Großfamilie Mannesmann erworben: Der Ziegelei Westhoven GmbH, der Mannesmann-Mulag sowie der Waffen- und Munitionswerke.

Grabungsfunde[Bearbeiten]

  • Im Mai 1911 stoßen Bauarbeiter an der Nikolausstraße "auf einen alten, aus großen Quadersteinen hergerichteten Gang von etwa 1,50 Meter Höhe. Vermutlich stammt der Gang aus der Römerzeit."[4]
  • Anfang Januar 1913 werden zudem unter einer Tonschicht bei den anhaltenden Ausschachtungsarbeiten in Westhoven "in der Nähe der Militärringstraße Knochenreste, die von einem gewaltigen fossilen Tier, vielleicht einem Mammut, herstammen"[5] gefunden.

Quellen, Literatur und Links[Bearbeiten]

  1. Kölner Lokal-Anzeiger v. 18.3.1910.
  2. Kölner Lokal-Anzeiger v. 26.7.1911
  3. Kölner Lokalanzeiger v. 2.2.1913
  4. Kölner Lokal-Anzeiger v. 21.5.1911
  5. Kölner Lokal-Anzeiger v. 3.1.1913