Plattenhaus Mannesmann

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Historie[Bearbeiten]

In der Wende ins 20. Jahrhundert erlebte der Eisenbetonbau bei Arbeiten der Kanalisation, des Straßen- und Brückenbaus und des Hochbaus eine schnell wachsende Bedeutung. Die Erfinder Max Mannesmann (1857-1915) und Reinhard Mannesmann (1856-1922) befassten sich bereits früher als Walter Gropius mit der Idee, Fertighäuser anstatt wie bisher aus Holz nun aus Betonplatten zu errichten. Anlass war der Wohnungsmangel für Arbeiter im Umfeld der familieneigenen Mannesmann-Betriebe. Bereits 1906 entwarf Max Mannesmann eine Arbeiterwohnbaracke aus Betonplatten. Im Juni 1908 ließ sich er ein Verfahren zur Herstellung von Betonhäusern patentieren[1], das Hauptpatent für eine verbesserte Version erteilte die Schweiz im Jahr 1911.

Reinhard Mannesmann führte die Entwicklungen zusammen mit Ingenieuren aus der Metallindustrie fort und ließ im Frühjahr 1921 in der damaligen Bahnhofstraße in Westhoven ein erstes Versuchshaus errichten, das aus vorproduzierten Betonplatten bestand. Ziel waren statische Belastungsproben und die spätere Erlangung einer amtlichen Konstruktionsfreigabe dieses Kleinhausaus-Typs für zwei Familien durch die Bezirksregierung Köln. Die bereits am Standort Remscheid-Bliedinghausen errichteten Fertighäuser von Mannesmann zeigten eine sorgfältige Vorfertigung und eine hohe Qualität der Montage, bei der ein Portalkran zum Einsatz kam[2].

In den ersten Monaten des Jahres 1921 entstand zudem in der Robertstraße in Westhoven ein größeres unterkellertes Zweifamilienhaus, vermutlich wurden die Betonplatten im Remscheider Hauptwerk der Mannnesmannhaus-Gesellschaft gefertigt. Vorangegangen war ein langjähriger Streit zwischen Mannesmann und der Gemeinde um Straßen und Gundstücke, der auf Absprachen aus dem Jahr 1911 zwischen der Gemeinde und der Vorbesitzerin der Grundstücke, der Firma Zilkens, Baumeister & Co, gründete. Zur Lösung des Streits und als Beitrag zur Linderung der Wohnungsnot 1920/21 wurde ein Maßnahmenpaket geschnürt, zu dem die Errichtung des Zweifamilienhauses durch die Firma Mannesmann und seine mietfreie Überlassung auf 10 Jahre an die Gemeinde gehörte. Bereits im März 1921 besichtigten die Mitglieder des Gemeinderates von Heumar das Haus.[3]
Das System gründete auf dem Prinzip "fabrikmäßige Herstellung der Plattenwände aus bestem Material und Zusammenstellung der Häuser aus möglichst geringen Arbeitslöhnen. Die Bauten sollen dauerhaft, warm, absolut trocken und in 3-4 Wochen herstellbar sein"[4]. Weil die Bodenplatten des ersten Stocks satt auf den Wandelementen des Erdgeschosses aufliegen, zeigt die Fassade hier ein schmales Gurtband. Gegenüber herkömmlichen Bauweisen wurde durch die Verwendung der Betonplatten in Stockwerkhöhe mit wärmeundurchlässigen Hohlräumen eine Ersparnis von rund 10 Prozent angegeben. In Remscheid bestand laut Zeitungsbericht bereits eine nach dem Mannesmannsystem hergestellte Siedlung, deren Besichtigung der Gemeinderat Heumar ebenfalls plante. 1921 wird dann in Westhoven eine Zweigniederlassung der Mannesmannhaus GmbH angesiedelt (Handelsregister Nr. 3751), die formal zwar bis zum Juli 1925 bestand. Aber bereits mit dem Tod von Reinhard Mannesmann im Februar 1922 wurden die Aktivitäten dieses Unternehmenszweigs weitgehend eingestellt.

Das Gebäude Robertstraße 6-8 heute. Foto: porzerleben.de

Die Nutzung der Gebäude[Bearbeiten]

Das Versuchshaus stand, vermutlich bis in die 1970er Jahre, an der heutigen Adresse Berliner Straße 27, zuletzt im Eigentum der Bundespost. Dann wurde es abgebrochen, auf dem Grundstück steht inzwischen ein neues Haus. Das Gebäude aus dem Jahr 1921 hat hingegen die Zeit überdauert. In den 1920er Jahren und 1930er Jahren war hier u.a. das Landjägeramt (ab 1934 Gendarmerie) und der Oberlandjäger Rudolf Seeland untergebracht. Heute zeigt sich das nicht denkmalgeschützte Gebäude in der Robertstraße 6-8 in einem ausgezeichneten Zustand, der Dachstuhl der linken Hälfte wurde allerdings durch Schrägfenster anstatt Gauben überformt.

Quellen, Literatur und Links[Bearbeiten]

  • Bestand des HAStK, Best. 9030B A 1787
  • Junghanns, Kurt: Das Haus für alle: zur Geschichte der Vorfertigung in Deutschland. Berlin 1994 (S. 59-62)
  • Janßen-Schnabel, Elke: Die Mannesmannsiedlung Remscheid-Bliedinghausen. In: Denkmalpflege im Rheinland 23(2006)3, S. 114-117.
  1. vgl. Portal Rheinische Geschichte: Max Mannesmann (Link)
  2. Die Siedlungshäuser in Remscheid entstanden um 1919/1921 in Straßen unmittelbar neben dem damaligen Mannesmann-Werk, zB. Ecke Bahnstraße/Friedensstraße. Nach Kriegszerstörungen wurde beim Wiederaufbau die ursprüngliche Bausubstanz verändert. Die heute vorhandenen Gebäude sind zwar in ihrer Gestalt geblieben, jedoch in Ziegelbauweise errichtet. Dies zeigten diverse Probebohrungen 2009, die zur Löschung der Siedlung aus der Denkmalschutzliste der Stadt Remscheid führten (Auskunft der Unteren Denkmalbehörde).
  3. vgl. Rheinische Volkswacht v. 12.03.1921.
  4. vgl. ebenda.