Westhovener Aue: Unterschied zwischen den Versionen

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=== Ringofenziegelei ===
 
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Die industrielle Nutzung der Westhovener Aue begann in der Folge von Planungen für eine '''Villenkolonie'''. Investoren planten ab 1910 eine [[Gartenstadt Westhoven]] und erwarben große Flächen westlich der Nikolausstraße und nordöstlich der Oberstraße. Ziegelsteine für Gebäudebau selber mit eigenem Erdmaterial herzustellen, hatten in Porz die [[Spiegelglaswerke Germania]] 1899/1900 und die Alexianer bei ihrem [[Alexianer Krankenhaus|Krankenhausbau]] 1905-1908 erfolgreich vorgemacht. So errichteten auch die Investoren für den Villenbau 1910/11 eine [[Ziegelei Westhoven|Ringofenziegelei]] westlich der Nikolaussstraße. Die Ziegelei wurde nach dem Konkurs der Investorenfirma ein Unternehmen der [[Mannesmann-Mulag|Gebrüder Mannesmann]] und stellte für zahlreiche ab 1916 errichtete Fabrikgebäude Ziegel her. Dann wurde sie verpachtet und schließlich wohl von den '''Geschwistern Offermanns''' erworben. Bis 1956 war die Ziegelei in Betrieb, ihr Schornstein stand noch bis in den Anfang der 1960er Jahre.
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Die industrielle Nutzung der Westhovener Aue begann in der Folge von Planungen für eine '''Villenkolonie'''. Investoren planten ab 1910 eine [[Gartenstadt Westhoven]] und erwarben große Flächen westlich der Nikolausstraße und nordöstlich der Oberstraße. Ziegelsteine für den Gebäudebau selber mit eigenem Erdmaterial herzustellen, hatten in Porz die [[Spiegelglaswerke Germania]] 1899/1900 und die Alexianer bei ihrem [[Alexianer Krankenhaus|Krankenhausbau]] 1905-1908 erfolgreich vorgemacht. So errichteten auch die Investoren für den Villenbau 1910/11 eine [[Ziegelei Westhoven|Ringofenziegelei]] westlich der Nikolaussstraße. Die Ziegelei wurde nach dem Konkurs der Investorenfirma ein Unternehmen der [[Mannesmann-Mulag|Gebrüder Mannesmann]] und stellte für zahlreiche ab 1916 errichtete Fabrikgebäude Ziegel her. Dann wurde sie verpachtet und schließlich wohl von den '''Geschwistern Offermanns''' erworben. Bis 1956 war die Ziegelei in Betrieb, ihr Schornstein stand noch bis in den Anfang der 1960er Jahre.
  
 
=== Sand- und Kiesbaggerei ===
 
=== Sand- und Kiesbaggerei ===

Version vom 25. November 2022, 18:07 Uhr

Die Westhovener Aue war jahrhunderte lang ein natürliches Überschwemmungsgebiet des Rheins. Dann durchlebte sie ab dem Beginn des 20. Jahrhunderts eine wechselvolle Geschichte, wurde bewohnt, industrialisiert, militarisiert und im 21. Jahrhundert in einem kleineren Teil in ein geschütztes Biotop und Überschwemmungsgebiet zurückverwandelt. Dies soll im Folgenden knapp beschrieben werden, zahlreiche Stichwörter führen als Links zu vertiefenden anderen Seiten dieses Wikis.

Ausschnitt Plan der Stadt Köln, 1924

Geografie

Lage

Grenzen und Größe der Westhovener Aue sind nicht amtlich festgelegt. Heute wird häufig nur eine renaturisierte Fläche zwischen der alten Militärringstraße (In der Westhovener Aue), der nördliche Industriebebauung sowie dem Sportplatz, dem Friedhof und der östlichen Wohnbebauung so genannt. Doch tatsächlich ist dieses Gebiet nur der kleinere Teil (rund 80 Hektar). In ihrer größten Ausdehnung umfasst die ursprüngliche Aue als Hochflutbereich ein Gebiet von 215 Hektar und definiert sich über eine Fläche, die mit 44 bis 47 Meter über NN rund 3 bis 9 Meter tiefer liegt als die umgebende Niederterrasse des Rheins. Ihre Grenzen beginnen im Osten kurz vor dem Stromkilometer 681 an der abknickenden Rheinaustraße. Dann zieht sich die Senke leicht südlich der Oberstraße (was dieser ihren Namen gibt) in verlängerter Linie bis zur Kölner Straße und reicht unter Einschluss der heutigen Autobahnanschlüsse bis in das Poller Gebiet, um dann in einer Linie nach Südwesten bei Stromkilometer 684,4 wieder den Rhein zu erreichen. Rheinkarten bezeichnen diesen Abschnitt auch als Rosamentsgrund. Geologisch liegen auch das Westhovener Wasserwerk und das Gremberger Wäldchen in dieser Niederung.

Noch um das Jahr 1900 waren Nikolausstraße und Rheinaustraße nur spärlich bebaut, der Kielshof sowie wenige Gehöfte und Häuser bildeten das Unterdorf von Westhoven.

Bodenbeschaffenheit

Als Überschwemmungsgebiet finden sich in der Aue die typischen Flußablagerungen, wobei sich unter einem Lössboden zunächst eine Lehmschicht und darunter eine sehr dicke Kiesschicht verbirgt. Die Kiesschicht ist mit schweren Steinen durchsetzt, sie reichte früher weit in den Rhein hinein. Im Flußbett ließ die Rheinstrombauverwaltung zur Sicherung der Schifffahrt die Kiesbänke bereits im Jahr 1890 durch Abbaggerungen beseitigen, bzw. mit dem Material Kribben anlegen und verfüllen. Der Kies - und Lehmabbau auf dem Land begann um 1911 (siehe unten). Landwirtschaftlich war die an sich fruchtbare Aue nur zum Weidenschnitt und als Weideland nutzbar, die häufigen Überschwemmungen durch Hochwasser stellten für Ackerbau ein zu hohes Risiko dar. In den 100 Jahren von 1920 bis 2020 wurde die Aue 23-mal überflutet.

Industrielle Nutzung

Ringofenziegelei

Die industrielle Nutzung der Westhovener Aue begann in der Folge von Planungen für eine Villenkolonie. Investoren planten ab 1910 eine Gartenstadt Westhoven und erwarben große Flächen westlich der Nikolausstraße und nordöstlich der Oberstraße. Ziegelsteine für den Gebäudebau selber mit eigenem Erdmaterial herzustellen, hatten in Porz die Spiegelglaswerke Germania 1899/1900 und die Alexianer bei ihrem Krankenhausbau 1905-1908 erfolgreich vorgemacht. So errichteten auch die Investoren für den Villenbau 1910/11 eine Ringofenziegelei westlich der Nikolaussstraße. Die Ziegelei wurde nach dem Konkurs der Investorenfirma ein Unternehmen der Gebrüder Mannesmann und stellte für zahlreiche ab 1916 errichtete Fabrikgebäude Ziegel her. Dann wurde sie verpachtet und schließlich wohl von den Geschwistern Offermanns erworben. Bis 1956 war die Ziegelei in Betrieb, ihr Schornstein stand noch bis in den Anfang der 1960er Jahre.

Sand- und Kiesbaggerei

Die Investoren der geplanten Villensiedlung verpachteten 1914 zudem eine Fläche von 37,5 Hektar in der Aue zur Ausbeutung an eine Rheinkies- und Sandbaggereigesellschaft, die Kölner Unternehmern gehörte. Diese schloss einen Vertrag mit der Staatsbahn und transportierte den geförderten Kies über eine Lorenstrecke zum Bahnhof Westhoven. Hier wurde der Kies auf Waggons der Staatsbahn umgeladen. Um 1916 gab es Veränderungen in den Eigentümerverhältnissen, vermutlich wurden die Gebrüder Mannesmann Mehrheitseigner. Nachdem die Staatsbahn zu Beginn der 1920er Jahre den Vertrag kündigte, weil sie nun keinen Rheinkies mehr für ihren Gleisoberbau verwendete und die Rheinlandbesetzung ab Februar 1923 den Abtransport per Bahn unmöglich machte, stellt die Gesellschaft die Förderung ein und wurde zwei Jahre später von Amts wegen gelöscht. Das Kiesgrubengelände verwandelte sich in ein Baggerloch, von Wiesen umgeben - ein Geheimtipp für Schwimmer. Doch das Idyll währte nur bis 1935, dann kamen die Pioniere. Erst im 21. Jahrhundert verwandelt sich die ehemalige Kiesgrube wieder in einen naturnahen Teich.

Frühere Militärische Nutzung

Erste militärische Bauten entstanden in der Westhovener Aue durch die Anlage eines äußeren Kölner Festungsrings. Hierzu erwarb der Preußische Staat 1877 Flächen der Aue und schuf als Festungsbauwerke das Fort IX, das Zwischenwerk IXa und einzelne Infanterieräume. 1907 und 1914 kamen weitere betonierte Infanteriestützpunkte hinzu. Östlich all dieser Bauwerke waren Rayons angelegt, weite Zonen für ein freies Schussfeld. Die Infanteriestützpunkte wurden 1925 geschleift, das Fort (heute in der Mudra-Kaserne gelegen) und Teile des Zwischenwerks (heute ein Fledermaus-Schutzraum) sind bis in die Gegenwart erhalten geblieben.

Pioniere der Reichswehr

Die erneute und diesmal deutlich stärkere Militarisierung der Westhovener Aue begann 1935 in der NS-Zeit mit dem verdeckten Bau der späteren Unverzagt-Kaserne, welcher die sofortige Sperrung nicht nur weiter Teile der Aue, sondern auch des Leinpfads mit sich brachte. Damit war der bisherige rechtsrheinische unbefestigte Uferweg zwischen Westhoven und Poll unterbrochen. Bereits 1936 zog das erste Pionier-Bataillon ein. In den Jahren 1937/38 entstand zudem auf der anderen Seite der Kölner Straße die Mudra-Kaserne und wurde ebenfalls mit Pionieren belegt. Für die Pioniereinheiten waren die ehemalige Kiesgrube und der nahe Rhein ein ideales Übungsgelände. Der Wasserübungsplatz am Rhein wurde durch einen kleinen Motorboothafen ergänzt, an der ehemaligen Kiesgrube vertiefte man den ersten, abgesenkten Abschnitt der früheren Feldbahnstrecke zu einem Wasserkanal und konnte an ihm das Brückenbauen üben.

Als der Zweite Weltkrieg zu Ende ging, war die Aue verwüstet - hinter löchrigem Stachelraht war der Boden durch Bomben, Granaten und Schützengräben durchwühlt und gespickt mit Munitionsresten. In den Kasernengebäuden suchten Flüchtlinge und Ausgebombte neuen Wohnraum.
Zudem war zwischenzeitlich durch die Aue eine bleibende Schneise geschlagen - seit 1939/1941 markierte die Reichsautobahn mit ihrer zerstörten Adolf-Hitler-Brücke die Grenze zwischen Westhoven und Poll. Erst 1954 wurde hier der Verkehr über die neue Rodenkirchener Autobahnbrücke freigegeben.

Pioniere des Belgischen Militärs

Naherholungsgebiet

Freizeitziel

Naturerlebnis

Geschütztes Biotop

Quellen, Literatur und Links

Das Stichwort "Westhovener Aue" und viele hierzu in Bezug stehende weitere Stichwörter wurden im Jahr 2022 durch ein Geschichtsprojekt von porzerleben.de und der Bürgervereinigung Ensen-Westhoven erarbeitet. Das Projekt wurde durch das Stadtmuseum Köln und die Stadt Köln gefördert. Veröffentlicht wurden die folgenden Artikel:

* Geschichtsprojekt zur Westhovener Aue startet (Link)
* Die Westhovener Aue als Naherholungsgebiet – Gestern und Heute (Link)
* Die Westhovener Aue – schon immer Überschwemmungsgebiet (Link)
* Es begann mit einem Täuschungsmanöver – 60 Jahre militärisches Sperrgebiet in der Westhovener Aue (Link)
* Lehm, Kies und Sand - Die Westhovener Aue war mal Industriestandort (Link)
* Flora und Fauna der Westhovener Aue – ein Spaziergang (Link)
* Die Westhovener Aue: 45 Jahre belgischer Militärstützpunkt (Link)

Zudem gibt es zu den Artikeln auch Langfassungen als PDF:

* Pfennig, Jörg 2022: Die Westhovener Aue. Geographie, Geologie, Hochwasser (Download)
* Pfennig, Jörg 2022: Die Pionierkaserne in Westhoven - ein Täuschungsmanöver der Nazis (Download)
* Pfennig, Jörg 2022: Die Westhovener Aue als Rohstofflieferant: Lehm, Kies und Sand (Download)
* Eismann, Doreen 2022: Flora und Fauna der Westhovener Aue – ein Spaziergang (Download)
* Pfennig, Jörg 2022: Die Westhovener Aue und die belgischen Kasernen (Download)