Straßenbahnen

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Frühe Bezeichnungen der Straßenbahnen im Porzer Raum waren auch Kleinbahn oder Vorortbahn.

Kölner Lokal-Anzeiger v. 21.3.1909

Linie Köln - Zündorf (E, P, 7)

Bereits in den Jahren 1904/05 wurden erste Vertragsentwürfe für eine elektrische Kleinbahn von Köln nach Porz ausgearbeitet. Im April 1906 genehmigte die Königliche Regierung den Betrieb in Spurweite 1,435 Meter von Deutz nach Porz für die Beförderung von Personen und Stückgut, vom Deutzer Hafen bis zur Haltestelle Westhoven für die Beförderung von Gütern und Wagenladungen mit einem Abzweig zum Verschiebebahnhof der Staatsbahn Kalk-Nord. Am 15. April 1909 fuhr die Vorortbahnlinie E der Kölner Verkehrsbetriebe auf einer eingleisigen Strecke mit Ausweichstellen erstmals von Köln nach Porz, wo auch zeitgleich mit dem Streckenbau ein kleiner Betriebshof errichtet wurde. Vorortlinien hatten Buchstaben anstatt Nummern. Ab dem 1. Oktober 1921 führte die Strecke bis nach Zündorf. Hier bestand eine Umsteigemöglichkeit zur Kleinbahnlinie Zündorf - Siegburg, deren Streckenabschnitt von Langel nach Zündorf am gleichen Tag eingeweiht wurde (s.u.)

Güter und Güterbahnhof

Nachdem der Bahnhof Westhoven im Sommer 1911 hierfür erweitert worden war, verkehrten ab November 1911 auch einzelne Güterwaggons zwischen dem Deutzer Hafen und Westhoven[1]. Die transportierten Güter waren hauptsächlich landwirtschaftliche Erzeugnisse. 1915 erfolgte der Ausbau der Strecke für Güterzüge: Vor Poll entstand ein Abzweig zum Umlade- und Rangierbahnhof Kalk-Nord. Den Bahnhof Westhoven erweiterte man zum Güterbahnhof: Zwischen der Kölner Straße und der Berliner Straße (damals noch Bahnhofstraße genannt) entstand eine Gleisharfe mit fünf weiteren Gleisen. Die Teilstrecke Westhoven-Ringstraße erhielt aufgrund der zu erwartenden Länge der Güterzüge ein zweites Gleis. Zunächst waren die nutzenden Firmen nur die Sandbaggerei Westhoven und vermutlich die Rheinische Weinessig- und Konservenfabrik in Porz. Mit der Gründung der Firma Mannesmann-Mulag nahm der Güterverkehr ab Westhoven dann erheblich zu. Ein 1915 geplanter Ortsgüterbahnhof Porz wurde nicht realisiert.

Entwicklung ab 1922

Auch die KVB nutzte in den Jahren 1923/24, als die Eisenbahntrasse nach Süden in einem Abschnitt zwischen Elsdorf und Troisdorf ab Ende Februar 1923 durch die französischen Besetzer kontrolliert wurde, die Trasse für Eisenbahnzüge: Ein frisch verlegtes Verbindungsgleis in Zündorf ermöglicht ab März 1923 die Umleitung von Güterzügen ab Deutz über Zündorf bis nach Troisdorf. Im Oktober 1933 änderte sich das E in ein P wie Poll oder Porz.

In den Jahren 1960/62 baute die KVB zunächst den rechtsrheinischen Abschnitt bis Poll, danach die Strecke bis zur Gilgausttraße in Ensen (vorerst mit Ausnahme der Strecke Poll-Autobahn), zweigleisig aus. 1964 wird die Kleinbahn nach Siegburg stillgelegt. 1967 integrierte die KVB die Vorortlinien in das Streckennetz und tauschte am 12. Juni das P gegen eine 7. Zugleich wurde die Strecke Zündorf - Neumarkt bis nach Junkersdorf verlängert. Im Februar 1968 wird die Strecke Steinstraße - Ensen zweigleisig und zugleich durch den Regierungspräsidenten eine bereits seit 1965 diskutierte Verlängerung der Linie 7 von Zündorf nach Langel endgültig abgelehnt[2]. Ende Januar 1969 ist die Zweigleisigkeit des Abschnitts Zündorf bis Rheinische Ziehglaswerke fertig, die weitere Strecke bis Porz-Zentrum dann im Herbst 1969. Der Porzer Betriebshof verlor dadurch mehr und mehr seine Bedeutung, 1974 fuhr hier die letzte Bahn, 1975 der letzte Bus ein. Nach einem knappen Jahr Leerstand erfolgte im Juni 1976 sein Abbruch.

Heute ermöglichen Sondergleise das Abstellen von Verstärkerzügen: Auf zwei Gleisen nördlich der Haltestelle Rosenhügel und auf einem Gleis seit dem Jahr 2000 nördlich der Endhaltestelle Zündorf.

Linie Siegburg - Zündorf

Die RWE errichteten 1913 in Hürth-Knapsack ein Kraftwerk, zu dessen Auslastung sie mit dem Siegkreis den Bau eines normalspurigen elektrischen Kleinbahnnetzes vereinbarten. Der Vertrag lief über 50 Jahre ab 1914. Die eingleisige Strecke von Siegburg bis Langel ging am 29. Oktober 1920 in Betrieb, ab dem 1. Oktober 1921 war Zündorf die Endhaltestelle. Die Verbindung wurde stündlich bedient, von Siegburg nach Zündorf betrug die Fahrzeit 85 Minuten. In Langel gab es die drei Haltepunkte Station (mit Ausweichgleis), Mühle und Nord, in Zündorf die zwei Haltestellen Oberzündorf und Endstelle. Ende 1944 wurde der Verkehr aufgrund schwerer kriegsbedingter Zerstörungen eingestellt. Zwar wurde in den Folgejahren der Betrieb wieder aufgenommen, doch der Bahnbetrieb rentierte sich im Zeitalter des PKWs immer weniger. Am 5. September 1964 wurde die Strecke zwischen Sieglar und Zündorf für den Personenverkehr stillgelegt.
Auf Teilstrecken findet im Siegkreis aber noch heute Güterverkehr statt.

Linie Wahn - Lind

Mühhlheimer Volkszeitung vom 8.5.1917

Am 6. Mai 1917, mitten im Ersten Weltkrieg, wurde die Wahner Straßenbahn eingeweiht. Eigentümer war die Gemeinde Wahn, Betreiber die Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerk AG (RWE). Die Trasse wurde durch Kriegsgefangene gebaut. Sie führte eingleisig und normalspurig vom Bahnhof Wahn über den Schießplatz bis zum Dynamitwerk der Deutschen Sprengstoff AG in Lind. In Lind bestand ein Anschluss an die Kleinbahn nach Siegburg.

1930: Straßenbahn vor Wahner Bahnhof (AK-Ausschnitt)

Die Strecke führte vom Bahnhof Wahn (Station mit Ausweichgleis) über die Bahnhofstraße (heute: Sankt-Sebastianus-Straße) schnurgerade die Frankfurter Straße (Haltestelle) überquerend in die Wilhelm-Ruppert-Straße bis zu den Elektrischen Isolierwerken (Haltestelle), von hier in einer Linkskurve zur Schießplatzstraße (heute: Heidestraße). Dann kam die Haltestelle Bahnbetriebshof (mit Ausweichgleis), das Gebäude Heidestraße 159 steht noch heute. - Es folgten die Haltestellen Magazinstraße und Südlager, die Endhaltestelle war in Lind gegenüber der Einmündung Viehtrift in den Linder Mauspfad.
In den Jahren 1936/37 wurde parallel zum Bau neuer Kasernenanlagen und der Errichtung des Truppenübungsplatz Wahn die damalige Schiessplatzstraße (die heutige Heidestraße) zwischen Mauspfad und Magazinstraße verbreitert, bis zur Kreuzung Frankfurter Straße verlängert und anschließend in Adolf-Hitler-Straße umbenannt. Auch Kreuzung und Anbindung der Bahnhofstraße wurden angepasst. Dabei wurden die Gleise aus der Wilhelm-Ruppert-Straße heraus und stattdessen entlang des neuen Straßenabschnitts und der verschwenkten Bahnhofstraße verlegt.
Um 1951 zeugen noch Baumreihen quer durch das Wilhelm-Ruppert-Gelände vom alten Streckenverlauf.

Die Fahrgastzahlen stiegen - wesentlich durch die Soldaten - wieder, doch gegen Ende des Jahres 1960 wurde die baldige Einstellung bereits angekündigt. Die Straßenbahn hielt ihren Betrieb bis zum 1. Oktober 1961 aufrecht, die RWE löste dabei ihren eigentlich bis 1967 geltenden Pachtvertrag vorzeitig. Der Betriebshof der Straßenbahn lag an der Heidestraße 159, das Gebäude ist heute noch vorhanden: Bis in das Jahr 2021 hatte hier die Reifenfirma Gummi Berger ihre Geschäftsräume.

Linie Sieglar - Lind

Diese eingleisige regelspurige Strecke, die weitgehend der militärischen Nutzung diente, wurde am 6. Mai 1917, zunächst nur für den Güterverkehr, eröffnet. Sie führte von Lind nach Sieglar. In Lind bestand die Möglichkeit der Weiterfahrt mit der Wahner Straßenbahn, des Fußwegs zur Dynamitfabrik, für den Güterverkehr auch die weitere Nutzung der Werksgleise der Dynamtifabrik oder die umfangreichen Kleinbahngleise des militärischen Geländes. Ab Sieglar konnte hingegen die bestehende Trasse zu den Bahnhöfen nach Troisdorf und Siegburg genutzt werden. In Sieglar befand sich auch der Betriebshof der Kleinbahnen des Siegkreises. Der Fahrplan wurde dem Berufsverkehr insbesondere der Dynamit- und Munitionsfabriken angepasst. Stationen waren: Sieglar Betriebsbahnhof, Phönix, Spich (Ausweichgleis), Westerwerke Spich, Lind (Ausweichgleis). Auch diese Strecke wurde nach schweren Zerstörungen Ende 1944 eingestellt. Nach dem Krieg wurde sie auf Betreiben der englischen Militärvervaltung vorrangig instandgesetzt.

Als Güterzugstrecke war die Trasse auch nach der Einstellung des Personenverkehrs am 30. August 1965 ab dem DB-Bahnhof Troisdorf in Trägerschaft der RSVG aktiv und diente der Versorgung der Wahner militärischen Anlagen mit Munition, Treibstoffen und Flugzeug-Ersatzteilen[3] Nach dem Bau einer Treibstoffpipeline und Verladung von immer mehr Gütern auf LKW wurde die Strecke unrentabel und zur Jahresmitte 1977 endgültig eingestellt.

Quellen, Literatur und Links

Krix, Benno: Die »Elektrische« vom Bahnhof Wahn bis zur Linder Höhe. In: Rechtsrheinisches Köln. Jahrbuch für Geschichte und Landeskunde, Band 28
KuLaDig: Personenverkehr auf der Kleinbahn Siegburg - Zündorf (Klb SZ) (Link)

  1. vgl. Kölner Lokal-Anzeiger v. 28.2.1915.
  2. Zur Begründung wurden die erwartbaren Einbußen der Busse der Siegkreis-AG angeführt. Vgl. KStA Porz v. 7.2.1968.
  3. vgl. KStA Porz v. 6.1.1977 (mit Fotos).