Spiegelglaswerke Germania

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Die Gründung

Ausgangs des 19. Jahrhundert belegte das Deutsche Kaiserreich den Import industrieller Glasprodukte mit hohen Zöllen - 6 Mark je Quadratmeter. Daher entschloss sich die "Societé Anonyme des Glaces Nationales Belges“, auf deutschem Boden zu produzieren. Hierfür gab sie eine Obligationsemission in Höhe von 1,6 Millionen Belgischen France aus. Auf der Suche nach einem geeigneten Standort fiel die Wahl auf Porz. Ein großes Freigelände rings um den noch mitten in Feldern gelegenen Bahnhof "Porz-Urbach" machte die Anbindung an die Eisenbahn einfach, auch eine Versorgungstrasse zum Rhein war möglich. Das Porzer Umland war bekannt für seine reichen Sand-, Kies- und Kalkgruben. Kohle und Soda konnten mit Schiff und Zug leicht aus regionalen Abbaugebieten angeliefert werden.
Am 27. April 1899 beschlossen die Belgier den Bau des Werkes in Porz. Die Planung der 70 Hektar großen Werksanlage umfasste neben Produktionsstätten und Verwaltung auch ein Kasino und eine werkseigene Wohnsiedlung. Der urdeutsche Name "Germania" sollte nationalistischen Vorbehalten gegen ein frankophones Unternehmen einen Riegel vorschieben. Zumal anfangs nahezu sämtliche Meister und Vorarbeiter - mit ihren Familien - aus Belgien stammten. Aufsichts- und Verwaltungsrat der neuen Aktioengesellschaft bildeten in gleicher Eigenschaft die Aufsichts- und Verwaltungsratsmitlgieder der Societé Anonyme des Glaces Nationales Belges. Ausgegeben wurden 6.000 Aktien zu 400 Mark, was 2,4 Mio. Mark insgesamt ergab. Davon waren über 80 Prozent in belgischem Besitz, 825 Aktien von Deutschen gezeichnet. 1908 wurde das Kapital um 2.000 Aktien erhöht. Von 1905 bis 1910 wurden jährliche Dividenden zwischen 5 und 20 Prozent ausgeschüttet, von 1911 bis 1914 zwischen 24 und 27 Prozent.

Die Produktionsanlagen

Im Jahr 1900 wurde der Erste Ofen in Betrieb genommen, 1901 folgten zwei weitere Öfen, 1910 dann ein vierter. Entsprechend gab es 1910 vier Gießhallen, desweiteren zehn große Schleif- und Polierapparate, für sie war eine Dampfkraft von 3500 PS vorhanden. Die Werksbahn bestand aus eigenen Lokomoiven und Waggons auf insgesamt 15 km Vollspur-Schienen. In den Jahren 1912/13 wurden die Anlagen mit einer Investition von 2,3 Mio. Mark modernisiert und erweitert.


Die Produktion

Im Jahr 1905 wurden 325.000 qm poliertes Flach- und Spiegelglas im Werk hergestellt, 1910 waren es 400.000. Die Fabrik war zu diesem Zeitpunkt auf die Herstellung von Spiegelscheiben bis zu 28 qm Einzeloberfläche und von 3 bis 34 mm Dicke ausgerichtet. Das Glas wurde als Rohglas, als geschliffenes und poliertes Kristall-Spiegelglas oder in Form von silberbelegten,und facettierten Spiegeln ausgeliefert. Ein großer Teil der Produktion ging in den internationalen bzw. europäischen Export.
Bereits 1901 trat das Werk dem "Verein Deutscher Spiegelglasfabriken" (VDS) bei, einem Kartellverband, der Einkauf, Poduktionsmengen und Qualität festlegte. Die vom Kartellverband freigegebenen Produktionquoten unterschritten regelmäßig die Produktionsfähigkeit deutlich, sie lagen in den Jahren 1911 bis 1913 zwischen 50 und 57 Prozent. Im Ersten Weltkrieg musste der Betrieb wesentlich eingeschränkt, zeitweise sogar eingestellt werden.

(Fortsetzung erwünscht)

Quellen, Literatur und Links

  • von Lumm: Studie über Spiegelglaswerke "Germania" A.G. Anlage 8 zur Studie "Societe anonyme de Glaces Natioanel Belges" des Kaiserlichen Generalkommissars für die Banken in Belgien. 1916.

(Text)