Rheinkies- und Sandbaggereigesellschaft Köln-Westhoven

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Die Rheinkies- und Sandbaggereigesellschaft

Um 1910 war die Rheinkiesbaggerei in der Region Köln kaum noch lohnend. Weder entsprach die lieferbare Menge der Nachfrage noch waren die Abgabepreise wettbewerbsfähig. Daher suchten die Kiesunternehmen neue Baggerfelder.

Kiesbaggerei in der Westhovener Aue

Anfang Juni 1914 verpachtete die Firma Zilkens, Baumeister & Co. rund 150 Morgen (rund 37,5 Hektar) ihres 1910 erworbenen Grundes in Westhoven an die Rheinkies- und Sandbaggereigesellschaft Cöln-Westhoven GmbH. Diese verpflichtete sich vertraglich, jährlich 5 Morgen Land auszubeuten, was eine Pachtzeit von 30 Jahren ergibt. Ursprünglich sollten auch auf diesem Gelände Gebäude der Gartenstadt Westhoven errichtet werden. Geschäftsführer der mit 32.000 Mark Stammkapital ausgestatteten GmbH waren zunächst der Tiefbauunternehmer Christian Krutwig aus Niel und der Ingenieur Johann Neumann aus Köln. Als Unternehmenszwecke wurden die "Ausführung von Tiefbauarbeiten, die Gewinnung von Sand und Kies, deren technische Weiterbehandlung und der Verkauf der gewonnenen Produkte" eingetragen[1]. Die GmbH hatte ihrerseits bereits einen Vertrag mit der Staatsbahn geschlossen, insgesamt 40.000 Kubikmeter Kies in den nächsten Jahren zu liefern. Das errechnete Transportvolumen ergab 15.000 bis 20.000 Waggonladungen Kies jährlich. Hierfür baute die Gesellschaft ein 2 km langes Anschlussgleis bis zur Haltestelle Westhoven der güterzugtauglichen Kleinbahn-Strecke nach Poll. Zudem errichte sie eine Kiesgewinnungsanlage und investierte so rund 200.000 Mark.[2]
Die Stadt Köln baute daraufhin als Betreiberin der Kleinbahn - auch für den weiteren zu erwartenden Güterverkehr - vor Poll ein Abzweig zum Staatsbahnhof Kalk und erweiterte den Bahnhof Westhoven zu einem Übergabebahnhof mit fünf Extragleisen für die Güterabfertigung, einer Wasserstation und einem Dienstgebäude. Die Kiesgesellschaft kaufte 1914 für ihre Werksbahn eine Henschel-Lokomotive vom Typ "Riebeck" mit 250 PS (Nr. 12902) und setzte diese bis 1928 ein[3]. Dann wurde sie veräußert.
Im April 1915 schied Johann Neumann aus eigenem Wunsch als Geschäftsführer aus. Im April 1916 wurde die Eigentümergesellschaft des Geländes, Zilkens, Baumeister & Co., insolvent. Wer das Areal erwarb, ist noch zu klären. Zur Jahresmitte 1916 wurde Christian Krutwig als Geschäftsführer zunächst abberufen. Dagegen und gegen die Bestellung des Kaufmanns Josef Niesen aus Ehrenfeld als alleiniger Geschäftsführer ging Krutwig mit einer Anfechtungsklage vor dem Landgericht erfolgreich vor. Niesen wurde zunächst auf Zeit die Vertretung bis zu einer Entscheidung der Gesellschafterversammlung untersagt[4], im Dezember 1916 setzte ein Urteil des Landgerichts Krutwig dann wieder als alleinigen Geschäftsführer ein. Im März 1918 wird Krutwig erneut abberufen, zum neuen Geschäftsführer wird der Kaufmann Franz Forscht aus Remscheid bestimmt.[5] Der weitere Geschäftsverlauf ist noch zu klären. Zwei Entwicklungen dürften schließlich das Ende der Firma herbeigeführt haben: Die Reichsbahn verwendete für den Trassenbau ab der ersten Hälfte der 1920er Jahre keinen Rheinkies mehr. Und ab Februar 1923 war der Abtransport über den Staatsbahnhof Kalk durch die Rheinlandbesetzung blockiert. Im Februar 1925 wird von Amts wegen die Löschung der Gesellschaft angekündigt und im Juni 1925 ausgeführt.

Nachnutzung

Wem das Kiesgrubengelände zufiel, ist unklar. 1931/32 wird auf dem Areal eine Holzbaracke als Wächterwohnung errichtet, ihr Eigentümer war Ludwig Bayer. 1933 ist aus dem Areal ein Baggerloch, umgeben von Wiesen geworden, es gilt als Geheimtip für Schwimmer: "Hier ist es schön. Ein Paradies für Großstadtmenschen, eine Oase, abseits dem Verkehr, des geheimnisvollen Tuschelns unserer Jugend wert"[6]. Ab 1935 beginnen auf dem Gelände die Arbeiten zur Errichtung einer Pionierkaserne. (Vertiefung erwünscht)

Literatur und Links

  1. Kölnische Zeitung v. 13.7.1914
  2. vgl. Kölner Lokal-Anzeiger v. 28.2.1915
  3. Die Lok steht heute restaurierungsbedürftig bei der Firma Koch Recycling in Attenkirchen.
  4. vgl. Kölnische Zeitung v. 30.7.1916
  5. Krutwig betreibt in den 1920er Jahren die Rheinkies- und Sand-Baggerei Köln-Longerich. Forscht hat seit Juli 1916 Prokura für die Ziegelei Westhoven und ist ab Juni 1918 Geschäftsführer der neu gegründeten Mannesmann-Motoren GmbH Westhoven
  6. vgl. Lokalanzeiger für Stadt und Land v. 24.8.1933