Poller Fischerhaus: Unterschied zwischen den Versionen

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=== Neuanfang nach dem 2. Weltkrieg ===
 
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[[Datei:Fischerhaus um 1952.jpg|mini|Fotografie um 1952, Quelle: Poller Fischerhaus]]
 
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Nach Kriegsende beschaffte sich die Familie Merten an der Mosel eine Baracke des ehemaligen Reichsarbeitsdienstes und baute diese auf dem Fundament der zerstörten Kantinen-Baracke wieder auf. Sie bildet mit einigen internen baulichen Änderungen bis heute den Kern des heutigen Poller Fischerhaus. In den Jahren 1952 bis 1954 wurde die Autobahnbrücke erneut errichtet, die Verbindung nach Westhoven blieb nun durch eine belgische Kaserne weiter gesperrt. Bis in das Jahr 1961 führte das Ehepaaar Merten den Restaurationsbetrieb fort. Franz Merten starb 1961, seine Frau Ulla führte das Fischerhaus noch drei Jahre alleine weiter. Ab 1964 pachteten Julius und Erika Hersel das Lokal<ref>Der Vater von Julius, Hermann Hersel, handelte zu dieser Zeit mit Tabakwaren im Groß- und Einzelhandel in der Gremberger und Siegburger Straße; Quelle: Kölner Adressbuch 1963.</ref>. Die neuen Wirtsleute öffneten während der Saison von Karfreitag bis zum Oktoberfest 24 Jahre lang täglich das Fischerhaus bis in den Oktober 1988.<br>
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Nach Kriegsende beschaffte sich die Familie Merten an der Mosel eine Baracke des ehemaligen Reichsarbeitsdienstes und baute diese auf dem Fundament der zerstörten Kantinen-Baracke wieder auf. Sie bildet mit einigen internen baulichen Änderungen bis heute den Kern des heutigen Poller Fischerhaus. In den Jahren 1952 bis 1954 wurde die Autobahnbrücke erneut errichtet, die Verbindung nach Westhoven blieb nun durch eine belgische Kaserne weiter gesperrt. Bis in das Jahr 1961 führte das Ehepaaar Merten den Restaurationsbetrieb fort. Franz Merten starb 1961, seine Frau Ulla führte das Fischerhaus noch drei Jahre allein weiter. Ab 1964 pachteten Julius und Erika Hersel das Lokal<ref>Der Vater von Julius, Hermann Hersel, handelte zu dieser Zeit mit Tabakwaren im Groß- und Einzelhandel in der Gremberger und Siegburger Straße; Quelle: Kölner Adressbuch 1963.</ref>. Die neuen Wirtsleute öffneten während der Saison von Karfreitag bis zum Oktoberfest 24 Jahre lang täglich das Fischerhaus bis in den Oktober 1988.<br>
  
 
Auf dem Grundstück des ursprünglichen Fischerhauses errichtete die Stadt Köln zur Mitte der 50er Jahre einen städtischen Campingplatz, die Familie Merten pachtete ihn bis etwa ins Jahr 1970. Das Poller Fischerhaus entwickelte sich zwichenzeitlich  erneutzu einem Ausflugslokal mit Außengastronomie. Es lebte bis in die 1990er Jahre überwiegend von Poller Besuchern, von Radfahrern und Fußgängern, die die Rodenkirchener Brücke überquerten und von Gästen des gegenüberliegenden Campingplatzes. Die Öffnung des Leinpfades 1995 bedeutete eine weitere Aufwertung und einen weiteren Aufschwung. Das Gebäude war und ist nicht hochwassergeschützt, es wird regelmäßig vom Hochwasser erreicht. Daher behielt es [https://www.poller-fischerhaus.com/index.php/bilder bis heute] am [[Weidenweg]] 46 ein eher schlichtes Erscheinungsbild.
 
Auf dem Grundstück des ursprünglichen Fischerhauses errichtete die Stadt Köln zur Mitte der 50er Jahre einen städtischen Campingplatz, die Familie Merten pachtete ihn bis etwa ins Jahr 1970. Das Poller Fischerhaus entwickelte sich zwichenzeitlich  erneutzu einem Ausflugslokal mit Außengastronomie. Es lebte bis in die 1990er Jahre überwiegend von Poller Besuchern, von Radfahrern und Fußgängern, die die Rodenkirchener Brücke überquerten und von Gästen des gegenüberliegenden Campingplatzes. Die Öffnung des Leinpfades 1995 bedeutete eine weitere Aufwertung und einen weiteren Aufschwung. Das Gebäude war und ist nicht hochwassergeschützt, es wird regelmäßig vom Hochwasser erreicht. Daher behielt es [https://www.poller-fischerhaus.com/index.php/bilder bis heute] am [[Weidenweg]] 46 ein eher schlichtes Erscheinungsbild.

Version vom 4. März 2022, 15:06 Uhr

Etablierung

Inserat Kölner Lokal-Anzeiger v. 1.6.1904

Eine Gaststätte in Poll in der Müllergasse 48 wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Poller Fischerhaus genannt, weil hier die Poller Fischer traditionell ihre Saision begannen, indem sie die Zusammmensetzung ihrer Fanggruppen ("Gezau") auslosten. Diese Gastätte führte aber diesen Namen nie offiziell. Zu dieser Zeit unterhielten die Fischer am Rhein eine Holzhütte, in der sie ihr Netze und Gerätschaften aufbewahrten. Die zunehmende Zahl von Arbeitspendler vom ländlichen Poll in die Großstadt einerseits (1898 wurde der Rheinauhaufen eröffnet, im Severins-Viertel war die Stollwerck-Fabrik), Ausflügler aus Köln andererseits ließen die Fährverbindung zwischen Marienburg und Poll zur Jahrhundertwende wieder aufleben. Im Sommer 1904 inserierte der pensionierte Eisenbahnportier Paul Fehr[1] aus Poll die baldige Eröffnung seines Restaurants "Rheingold" am Rhein, nahe der Fähre aus Marienburg (Höhe heute Militärringstraße). Als Provisorium bot er bereits im Juni 1904 dort in einem Zelt Bier und Backfische an. Aus dem Zelt-bedachten Provisorium entstand westlich des Uferweges ein kleines Holzfachwerkhaus mit schmaler Fernsterfront zum Rhein hin, das Geschäft lief. Denn im Januar 1909 eröffnete er als Eigentümer ein zusätzliches Restaurant in der Weingartenstraße 26 in Poll[2]. Der Name "Rheingold" war wohl doch überbesetzt, zumindest findet sich ab 1912 der Name "Poller Fischerhaus" in der Lokalpresse, das Rheingold hingegen nicht.

1920 bis 1935: Beliebtes Ausflugslokal

AK August 1925, Wirt bereits Merten, Verlag L.P.C.R

Im Januar 1920 zerstörte das Hochwasser des Rheins das Gebäude. Nun errichtete Fehr ein neues, größeres Haus auf einem Steinfundament[3] Das Poller Fischerhaus war auch offizielle Poststelle für die Rheinschiffer. Hier wurde die Post hinterlegt und die Rheinschiffer konnten an Kribbe 2 anlegen um sich die Post abzuholen. Das Lokal profitierte von der wachsenden Zahl der Ausflügler, es bot eine attraktive Restauration mit einem ausgedehnten Biergarten für hunderte von Gästen, zeitweise waren 20 Kellner hier gleichzeitig tätig. Das Restaurant war auch unter jüdischen Besuchern beliebt, da es dort koscher servierten Rheinfisch (also mit Schuppen und Flossen serviert) zu essen gab [4].

Ansichtskarte um 1930, Verlag Kettling & Krüger

Die Gäste kamen weiterhin mit der Motorfähre oder als Spaziergänger von der Südbrücke. Betuchte Kölner nutzten aber auch die Pferdekutsche oder ließen sich von ihrem Chaffeur mit dem Automobil absetzen. Spätestens ab der Saison 1925 nahm das Wein-, Bier- und Cafe-Restaurant unter seinen neuen Eigentümern, dem Ehepaar Franz und Ulla Merten, ein weiteren Aufschwung[5]. Ansichtskarten von 1926 und 1930 zeigen eine weitläufige Gartenwirtschaft, im Adressbuch Westhoven verzeichnet unter "In den Weiden 20" (heute Weidenweg). In den Jahren 1934 bis 1938 wird das Fischerhaus erweitert (Flur 2, Parzelle 737/76).

1935 bis 1939: Beeinträchtigungen, Schließung, Abriss

Doch die Lage erfuhr eine erhebliche Beeinträchtigung, wodurch sich das Publikum veränderte. Zunächst brachte ab 1935 der Bau und Betrieb der Pionierkaserne in der Westhovener Aue die Sperrung des Uferwegs nach Westhoven. Und ab 1938 beendeten die in unmittelbarer Nähe stattfindenden Bauarbeiten zur Errichtung der Rodenkirchener Autobahnbrücke die Ausflugsidylle. Im Sommer 1939 finden sich noch Inserate in der lokalen Presse. Im Herbst 1939 verordnete der Staat die Schließung des Poller Fischerhauses und verfügte wenige Monate später den Abriss, weil durch die Arbeiten am Sockel des ufernahen Pylons der Rhein bei Hochwassser das Poller Fischerhaus zerstört werden könnte, dessen Trümmer dann wiederum den Stadtbereich Köln gefährde. Diese Begründung wurde allgemein als vorgeschoben und unglaubwürdig angesehen. Vielmehr vermutete die Schließung und den Abriss als eine gezielte Maßnahme der NS-Regierung gegen die jüdischen Gäste, die das Lokal nach wie vor besuchten[6]. Die Mertens durften statttdessen lediglich östlich des Uferwegs eine Kantine für die Bauarbeiter der Brücke als Baracke erbauen und betreiben.

Neuanfang nach dem 2. Weltkrieg

Fotografie um 1952, Quelle: Poller Fischerhaus

Nach Kriegsende beschaffte sich die Familie Merten an der Mosel eine Baracke des ehemaligen Reichsarbeitsdienstes und baute diese auf dem Fundament der zerstörten Kantinen-Baracke wieder auf. Sie bildet mit einigen internen baulichen Änderungen bis heute den Kern des heutigen Poller Fischerhaus. In den Jahren 1952 bis 1954 wurde die Autobahnbrücke erneut errichtet, die Verbindung nach Westhoven blieb nun durch eine belgische Kaserne weiter gesperrt. Bis in das Jahr 1961 führte das Ehepaaar Merten den Restaurationsbetrieb fort. Franz Merten starb 1961, seine Frau Ulla führte das Fischerhaus noch drei Jahre allein weiter. Ab 1964 pachteten Julius und Erika Hersel das Lokal[7]. Die neuen Wirtsleute öffneten während der Saison von Karfreitag bis zum Oktoberfest 24 Jahre lang täglich das Fischerhaus bis in den Oktober 1988.

Auf dem Grundstück des ursprünglichen Fischerhauses errichtete die Stadt Köln zur Mitte der 50er Jahre einen städtischen Campingplatz, die Familie Merten pachtete ihn bis etwa ins Jahr 1970. Das Poller Fischerhaus entwickelte sich zwichenzeitlich erneutzu einem Ausflugslokal mit Außengastronomie. Es lebte bis in die 1990er Jahre überwiegend von Poller Besuchern, von Radfahrern und Fußgängern, die die Rodenkirchener Brücke überquerten und von Gästen des gegenüberliegenden Campingplatzes. Die Öffnung des Leinpfades 1995 bedeutete eine weitere Aufwertung und einen weiteren Aufschwung. Das Gebäude war und ist nicht hochwassergeschützt, es wird regelmäßig vom Hochwasser erreicht. Daher behielt es bis heute am Weidenweg 46 ein eher schlichtes Erscheinungsbild.

Wirtsleute

  • 1904 - um 1925: Paul Fehr
  • um 1925-1963: Franz (+1961) und Ulla Merten (Eigentümer)
  • 1964-1988: Julius und Erika Hersel (Pächter)
  • 1988-2014: noch unbekannt
  • seit 2014: Lynda und Frank Schneider (Pächter)

Quellen, Literatur und Links

Heinz Richmann: Julius Hersel (Link)

  1. vgl. Meldung in Echo der Gegenwart v. 9.6.1904
  2. vgl. Kölner Lokal-Anzeiger v. 8.1.1909. Noch 1927 führt das Adressbuch Köln sein Lokal als Schenkwirtschaft.
  3. Nahe der Einfahrt zum städtischen Campingplatz sind die Fundamente bei genauem Hinsehen heute noch nachzuvollziehbar.
  4. vgl. Poller Geschichte(n). Köln 2000, S. 34ff.
  5. Wann der Übergang von Fehr auf das Ehepaar Merten erfolgte, ist noch unbekannt. Irritierend ist, dass von 1926 bis 1930 das Adressbuch von Westhoven sowohl Fehr als auch Merten als Wirt "In den Weiden" verzeichnet, dabei Merten mit dem Zusatz "(Poller Fischerhaus)" und Fehr ohne Telefonnummer
  6. vgl. Anmerkung 4, S. 35f.
  7. Der Vater von Julius, Hermann Hersel, handelte zu dieser Zeit mit Tabakwaren im Groß- und Einzelhandel in der Gremberger und Siegburger Straße; Quelle: Kölner Adressbuch 1963.