Kielshof Westhoven

Aus porzerleben.de/porz-wiki

Der Gutshof

Die älteste feste Bebauung in der Westhovener Aue ist der „Westhouon“, dieser Hof wurde nach dem 18. Jahrhundert unter dem Namen Kielshof bekannt. Zu ihm gehörten erhebliche landwirtschaftlich genutzte Flächen, er ist auch Namensgeber der heutigen Stadtteils Westhoven. Erwähnt ist der Hof erstmalig in der Gründungsurkunde der Benediktinerabtei Deutz aus dem Jahre 1003, zusammen mit den Höfen Poll, Kalk, Vingst und Rolshoven, die alle der Abtei zehntpflichtig waren. Bereits 1128 erhielt der Westhoven eine eigene Kapelle - die Nikolauskapelle - sowie die Bestattungsrechte für einen eigenen Friedhof[1].

Der Namen Kielshof stammt aus der Zeit der Pächterfamilie Kiel. [2] Ein "Villicus Kiel zu Westhoven am Rhein hinter Deutz", also Halfe des Hofguts, heiratete Christina Court (*um 1665 - 10.11.1629 Westhoven). Es war vermutlich Paul Kiel (+ 2.5.1645), "Paulus von Westhoven, Halfmann zu Rolshoven". Seine Tochter Walburga Kiel heiratete zunächst im September 1621 den Halfmann Balthasar von Rolshoven (+ März 1643), nach dessen Tod dann Ende Juli 1643 den Paul Schinder von Westhoven. [3]. Im Rahmen der Säkularisation wurden beide Höfe in Staatseigentum überführt.

Im Juni 1823 kündigt die Königlich Preußische Regierung den Verkauf des "Kielshof in Westhoven, in seinen jetzigen Bestandtheilen und auch alternativ in Verbindung mit dem davon getrennten Areal von ungefähr 200 Morgen" an[4]. Die Familie Gottfried Engels, vormals Pächter, kaufte den Hof mit 105 ha, wurde aber erst 1831 neuer Eigentümer. Denn der früher geschlossene Pachtvertrag blieb für seine Restlaufzeit gültig. Weitere 72,8 ha wurden parzelliert an rund ein Dutzend Kaufleute und Landwirte veräußert.

Rheinische Volkswacht v. 30.5.1922

In den Jahren 1845, 1850, 1876, 1882 ereigneten sich schwere Hochwasser mit über 11m (heutiger) Pegel. Das mag ein Grund dafür sein, dass die Familie Engels 1880 an der höher gelegenen und Hochwasser sicheren Oberstraße einen neuen Hof errichtete, der bis heute den Namen Engelshof trägt. Der am Rhein gelegene Hof wurde verpachtet.

Die Ausflugsgaststätte Kielshof

AK 1911, Verlag Rudolf Knuffmann

Um 1910 kaufte das Bau- und Grundstücksunternehmen Zilkens, Baumeister & Co für eine geplante Gartenstadt Westhoven große Flächen der Westhovener Aue auf. Zudem pachtete es auch der Kielshof (Flur 6, Nr. 645/3) unter der damaligen Adresse Rheinaustraße 2 vom Geschwisterpaar Engels. Das Unternehmen baute den Hof zu einer Ausflugsgaststätte um und verpachtete ihn. Am 4. Juni 1911 eröffnete der Gastwirt Theodor Kratz das "Café-Restaurant Kielshof" unter der Adresse Rheinaustraße 2. Er warb nicht nur mit "vorzüglichem Kaffee, ff. Weine, Franziskaner Leitbräu, Dortmunder Union-Bier" und eigener Bäckerei. Auch gab es eine "herrliche Terrasse mit Ausblick auf das Strandbad Rodenkirchen"[5]. Das Ausflugslokal erfreute sich rasch wachsender Beliebtheit. Vor den Toren Köln liegend, waren es überwiegend Kölner Stadtbewohner, die den Kielshof besuchten. Ab Mai 1913 zeichnet (sein Sohn?) Heinz (Heinrich) Kratz in Inseraten als Inhaber, ab Juli 1914 hingegen A. Zabel. Eigner des Kielshofs blieb wohl das Geschwisterpaar August und Mathilde Engels, es wohnte hier auch, zumindest um 1920.

AK 1921, Verlag Rudolf Knuffmann

Die Reederei Gebrüder Weber nennt 1926 in einem Schreiben 45.000 bis 50.000 Besucher jährlich, die sie mit ihren Schiffen zum Kielshof bringt, dieser habe als Ausflugsziel einen Rang vergleichbar mit Bad Honnef, Linz, etc. Nachmittags fänden stündliche Anlandungen statt. Die Reederei nennt als Nachteile des Kielshofs: er ist sehr teuer und immer überfüllt.[6] Dennoch war der Kielshof für die Pächter keine Goldgrube. Saisionbetrieb und vielleicht auch die Höhe der Pacht führten nicht nur zu einer langen Liste von Wirten. Im September 1925 musste Eduard Bernhardt sogar Konkurs anmelden[7]. Er hatte sich besonders mit Künstlerkonzerten, Modernen Tänzen, Exquisiter Küche und Weinen erster Häuser hervorgetan.

1935 sahen die Planungen für den Bau einer Pionierkaserne in der Aue die dauerhafte Sperrung des Leinpfads, also des Fußwegs von Poll nach Westhoven vor. Die Proteste der Stadt Köln hiergegen zeigen, welche Bedeutung diese Naherholungsbereich bereits gewonnen hatte. Die Stadt Köln konnte sich jedoch nicht gegen die beteiligten NS-Dienstellen und das Militär durchsetzen. So kam es zu einer Unterbrechung des Leinpfades zwischen Poll und Westhoven[8]. Weder diese Sperrung noch der Bau der Rodenkirchener Brücke ab 1939 beeinträchtigte die Beliebtheit des Kielshofs. 1938 installierte der Pächter Franz Merten eine Kegelbahn.

Erreichbarkeit

AK 1928 Innenansicht, Kunstverlag A.F. Hager

Der Weg dorthin erfolgte auf verschiedenen Routen: Zu Fuß über die Südbrücke als Eisenbahnbrücke, die auch einen Fußgängerweg erhielt. Per Motorfähre von Marienburg zum Poller Fischerhaus uoder vom Bayenthalgürtel nach Poll, Höhe Maifischgasse. Von diesen Überquerungspunkten war es ein nicht allzu langer Spaziergang bis zum Kielshof. Oder man nutzte von Köln die Vorortbahn E zum Bahnhof Westhoven von dort einen 1,5 km Spaziergang zum Rhein und zum Kielshof zu machen. Erreichbar war die Ausflugsgaststätte von Beginn an auch durch eine direkte Motorbootverbindung von Köln aus, welche ebenfalls die Investoren der geplanten Gartenstadt eingerichtet hatten. Mit einem Stammkapital von 40.000 Mark hattten F. Zilkens und R. Baumeister hierfür die Kölner Motorbootfahrt mbH in Ehrenfeld gegründet und Motorboot angeschafft, die 100 Personen fassen konnten und bis in den Herbst 1915 verkehrten. Ab Mai 1912 nahm die Köln-Mühlheimer Dampfschiffahrts AG einen Liniendienst von Köln über das Strandbad Rodenkirchen bis nach Westhoven auf.

AK 1932, Kettling & Krüger

Ab der Saison 1914 betrieb zudem die Reederei Gebrüder Weber eine Anlegestelle, ab 1919 bediente sie während der Saison tagsüber mitunter stündlich die Strecke Köln - Kielshof - Porz. 1926 wünscht die Reederei vergeblich eine Beteiligung der Gemeinde Heumar an den Kosten einer zukünftigen massiven Anlegebrücke - das Hochwasser hatte die bisherige Anlegestelle zerstört[9].

Pächter des Restaurants

Im Restaurant Kielshof waren im Verlauf von über 40 Jahren unterschiedliche Pächter tätig:

  • 1911 - 1913: Theodor Kratz
  • 1913 - 1914: Heinz (Heinrich) Kratz
  • 1914 - ??: A. Zabel
  • 1922 - 1925: Eduard Bernhardt
  • 1925 - ??: Hans Lederer (1927/28 Gasthaus Rheinaustr. 18)
  • um 1930 - 1934: Peter Odenthal (führt danach 1935/36 das Gasthaus Oberstraße 16)
  • 1935/36: Heinrich Merten
  • um 1941: Karl Hauptmann

Die Nachkriegszeit

Während des zweiten Weltkrieges waren die nahegelegene Rodenkirchener Brücke, die Autobahn und der Rangierbahnhof Gremberg Ziele von Luftangriffen. Dabei blieb es nicht aus, daß Ensen- Westhoven in Mitleidenschaft gezogen wurde. Am 3. Juli 1944 wurde das Gebäude durch Fliegerbomben getroffen und schwer beschädigt.

Pläne für eine Ferienheimstätte Kielshof

Der Kielshof um 1960, Archiv BV Ensen-Westhoven

Mathilde Engels (+1957) wohnte zumindest seit 1927 (wieder) im Kielshof. Sie schenkte um 1948 das gesamte Anwesen der „Vereinigung für Jugendwerk und Kinderhilfe Köln“, einer sozialen Einrichtung der Erzdiözese Köln. Diese plante, das Gebäude in ein Kinder- und Jugenderholungsheim umzubauen. Hierzu wurde eigens der Verein "Kielshof e.V." gegründet. Pfarrer Rupp aus Junkersdorf als Initiator und Betreuer sowie Architekt Koep planten im Erdgeschoss einen großen Saal für 300 Personen mit einem Rundbau für weitere 80 Personen. Obergeschoss und Dachgeschoss sollten Schlafzimmer und Schlafsäle aufnehmen[10]. Am 28.8.1949 erfolgte die Grundsteinlegung, die Zerstörungen am Hauptbau wurden beseitigt. Vorgesehen waren im Februar 1950 das Richtfest und im Juni 1950 die Fertigstellung. Doch nachdem bereits über 100.000 DM verbaut waren, entstanden Widerstände, die Fertigstellung des halbfertigen Baus stoppte. Es fehlten die „klimatischen Voraussetzungen“ hieß es nun, was der Presse sehr befremdlich erschien[11].

Not- und Flüchtlingsunterkunft

Der Kielshof als Wohnanlage - vor der Schutzwand noch die alte Treppe, Archiv BV Ensen-Westhoven

Die allgemeine Wohnungsnot der Nachkriegszeit hatte zur Folge, dass das halbfertige Gebäude von Obdach suchenden Ausgebombten und Flüchtlingen bewohnt wurde. Später hat die Stadt Porz es als Flüchtlingsunterkunft mit der Bezeichnung "Notunterkunft "Ost" genutzt. Das Anwesen geriet in einen katastrophalen Zustand: Während des Leerstandes gab es mutwillige Zerstörungen in großen Umfang durch zerschlagene Scheiben, herausgerissene elektrische Anlagen und dergleichen. Sogar die Kriminalpolizei wurde eingeschaltet[12]. Erst 1960 wurde das gesamte Anwesen mit 7.500 m² Land über eine Immobilienfirma für 160.000 DM ohne Zweckbindung angeboten.

Mehrparteienhaus

Am 9. November 1960 erwarb der Architekt Hans Rudolf Bertog das Grundstück, parzellierte es und verkaufte sechs Grundstückteile architektengebunden, um den Kaufpreis aufzubringen. Er ließ in den Folgejahren das Kielshof-Gebäude renovieren und erweitern. Es besteht heute aus einem Wohnhaus des Eigentümers und einem Mietshaus mit 17 kleineren Einheiten. Der Zugang zu den sechs Einfamilienhäusern, die auf dem ehemaligen Hofgelände errichtet wurden, erfolgt über die neue Sackgasse Adrian-Kiels-Straße. Die naheliegende Bezeichnung „Im Kielshof“ war in Poll bereits vergeben.

Eigentümer

Beim Konkurs der Baufirma Zilkens, Baumeister & Co erwarb die Familie Engels 1916 den Kielshof wohl erneut.

  • 1003 - 1803: Benediktinerabtei Deutz
  • 1823 - 1910: Familie Engels
  • 1910 - 1916: Zilkens, Baumeister & Co. (evtl. nur Pächter?)
  • 1916 - 1948: Maria Engels
  • 1948 - 1960: Erzdiözese Köln
  • 1960 Hans R. Bertog (Architekt)

Quellen, Literatur und Links

  1. vgl. Schriftenreihe der BV Ensen Westhoven, Band 6, S. 5f
  2. vgl. Leers, Paul: Die Ahnen dess Pfarrers Otto Curtius von Golzheim und deren Nachkommen. In: Heimat-Blätter der Dürener Zeitung v. 29.9.1938.
  3. Urkunden belegen, dass die Familie Kiel seit 1539 Pächter eines Hofs der Abtei Deutz in Poll war, daher gab es auch dort über Jahrhunderte einen Kielshof. An ihn erinnern in Poll die Straßen Kielsweg und Am Kielshof.
  4. Beilag Kölnische Zeitung v. 8.6.1823
  5. lt. Anzeige im Kölner Lokal-Anzeiger v. 9.9.1911
  6. vgl. HASK Best. A52 Schreiben Weber-Schiff an die Gemeinde Heumar
  7. vgl. Kölnische Zeitung v. 28.9.1928.
  8. Sie sollte die nächsten 60 Jahre bestehen bleiben.
  9. vgl. HASK Best. A52 Protokoll der Ratssitzung. Die Gemeinde machte für ihre Beteiligung eine Grundstücksübereignung durch die Eigentümerin des Kielshof zur Bedingung, dazu war Frau Engels nicht bereit.
  10. vgl. Kölnische Runschau v. 19.1.1950
  11. vgl. KStA v. 21.2.1953
  12. vgl. Kölnische Rundschau v. 29.9.1960